Boden

Bodennistende Wildbienen im Garten fördern

Die großartigen Schwestern der Honigbiene

 

Anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai, der nicht nur der Honigbiene sondern auch ihren wilden Schwestern gewidmet ist, möchte ich euch heute zu einem Spezial-Rundflug in die großartige Welt der Wildbienen einladen. Der hohe Wert der Bestäubungsleistung der Honigbiene für uns Menschen ist ja hinreichend bekannt: Biene + Blüte = Obst + Gemüse, so einfach ist das, oder?

Diese extrem vereinfachte Rechnung stimmt nur, wenn wir den enormen Stellenwert der Wildbienen als Bestäuberinnen miteinbeziehen. Wildbestäuber sind weder im Privatgarten noch für die Landwirtschaft als optional zu betrachten – ganz im Gegenteil: sie sind als unverzichtbar einzustufen. Je nach Kultur bewerkstelligen sie nämlich zwischen 50% bis zwei Drittel der Bestäubung – ich meine: wow was für eine enorm beeindruckende Leistung! Zudem sind unzählige Blütenpflanzen in ihrer Bestäubung gänzlich von Wildbienen abhängig. Wir brauchen die Wildbienen weit mehr als sie uns, und doch sind sie auf unseren achtsamen Umgang mit ihrem Lebensraum und ihren Bedürfnissen stark angewiesen. Indem wir unsere Gärten, Terrassen, Balkone und öffentliche Grünräume entsprechend der „Natur im Garten“ Kriterien naturnah gestalten und ökologisch pflegen, können wir ihre - für uns im Grunde unbezahlbare - Leistung honorieren. In einer abwechslungsreich und vielfältig gestalteten Landschaft bestehend aus einem Mosaik an Kleinstrukturen finden die beinahe 700 in Österreich vorkommenden, teils stark gefährdeten Wildbienenarten, Wohnstatt und Nahrung für sich und ihre Nachkommen. Jede Wildbiene hat arteigene Ansprüche, deshalb ist jede naturnahe Fläche ein unverzichtbarer Beitrag, um gemeinsam ein dichtes und dadurch auch tragfähiges Netzwerk an wertvollen Lebensräumen zu schaffen.

Da mehr als 50% unserer Wildbienenarten im (meist bevorzugt nur spärlich bewachsenen oder vegetationslosen) Boden nisten, sind Erhalt, Förderung und Schutz bestehender Strukturen von größter Bedeutung. Wo diese wertvollen Nistmöglichkeiten fehlen, können wir einige Wildbienenarten auch fördern, indem wir nach natürlichem Vorbild entsprechende Strukturen schaffen. Und deshalb möchte ich euch heute dazu einladen im Garten, dem Spielplatz für begeisterte Erwachsene, einen Sandhaufen für bodennistende Wildbienen anzulegen!       

Kurzes Briefing: Wildbiene – Hummel - Honigbiene

 

In Österreich wurden bisher 690 Bienenarten nachgewiesen (davon beachtliche 606 Arten in Niederösterreich). In unserer schönen Heimat leben dank der vielfältigen klimatischen Bedingungen wesentlich mehr Bienenarten als in unseren mitteleuropäischen Nachbarländern (Deutschland: über 550 Arten, Schweiz: etwa 580 Arten). Die Honigbiene ist nur eine dieser vielen Bienenarten. Die Trennung gegenüber den Wildbienen, zu denen auch die Hummeln gehören, ist im Grunde nur theoretisch. Bei der Honigbiene handelt es sich um eine domestizierte Bienenart, sie ist ein Nutztier. Honigbienen und auch einige Hummel- und Schmalbienenarten bilden Staaten, der Großteil der Wildbienenarten lebt hingegen solitär.

Solitäre Wildbienen sind überaus fleißige Singlemütter

 

Solitär bedeutet, dass die Weibchen ihre Nester ohne Unterstützung von Artgenossen bauen. Ein Tier legt in so einem Nest innerhalb von drei bis sechs Wochen bis zu 30 einzelne Brutzellen an. Jede Zelle wird separat mit Pollen als Futtervorrat für den Nachwuchs befüllt, darauf wird dann ein einzelnes Ei gelegt und die Zelle sorgfältig verschlossen. Je nach Bienenart können für die Verproviantierung einer Brutzelle bis zu 50 Sammelflüge notwendig sein. Bodennistende Wildbienen graben je nach Art einen bis zu 50 cm tiefen Gang in den Untergrund hinein, von welchem oft auch noch seitlich Gänge abzweigen. Die Wände der einzelnen Brutzellen werden fein geglättet und zum Schutz vor Feuchtigkeit, Pilzen und Bakterien mit einem Drüsensekret benetzt. Die Entwicklung der Larve bis zur fertigen Biene kann bis zu einem Jahr dauern, da müssen die Brutzellen selbstverständlich sicher und solide gebaut sein. Künstlich geschaffene Nistplätze für bodennistende Wildbienenarten sollten deshalb nur an einem langfristig verfügbaren Platz angelegt werden. Graben oder hacken ist dort nicht erlaubt, die händische, schonende Entfernung von Bewuchs, um die Fläche offenzuhalten, ist hingegen wichtig und notwendig. Keimlinge können vorsichtig ausgezupft, größere Pflanzen sollten hingegen bodennah abgeschnitten werden, um die Brutröhren nicht zu zerstören.

Wildbienentraum auf kleinem Raum

 

So eine fleißige Singlemutter ist darauf angewiesen, dass Nistplatz, Baumaterial und Nahrungspflanzen möglichst nahe beisammen liegen. Für kleine Wildbienenarten sollten geeignete Nahrungsquellen daher nicht weiter als 100 Meter vom Nistplatz entfernt sein. Große Flugdistanzen steigern den Energie- und Zeitaufwand für die Nahrungs- und Materialsuche ebenso wie ein spärliches Blütenangebot, beides kann sich ungünstig auf die Fortpflanzungsrate auswirken (weniger verproviantierte Brutzellen, kleinere Nachkommen, höherer Parasitendruck oder ein ungünstiges Geschlechterverhältnis in der nächsten Generation).  Für 90% der Wildbienenarten sind vor allem Blütenpflanzen aus den Familien der Korbblütler, Schmetterlingsblütler, Kreuzblütler und Lippenblütler wichtige Nahrungsquellen. In einem wildbienenfreundlichen beziehungsweise generell insektenfreundlichen Garten sollten wir zudem für ein ganzjährig blühendes, vielfältiges Angebot an ungefüllten Blüten Sorge tragen. An gestaffelten Blühzeiten erfreut sich im Hinblick auf gartengestalterische Aspekte auch das Auge.

Bee-Inn - Strukturen für bodennistende Wildbienen im Garten

 

Natursteinwege mit sandgefüllten Fugen können bestens geeignete Nistplätze für Wildbienen im Garten sein. Wo immer möglich, sollten Wege daher naturbelassen bleiben dürfen und von einer Pflasterung abgesehen werden. Ist die Befestigung des Weges doch notwendig, so empfiehlt es sich, breite Fugen zwischen den Wegplatten zu belassen und den darunter liegenden Rohboden mit ungewaschenem, ungereinigtem Sand (kein Spielplatzsand oder Quarzsand aus dem Baumarkt) abzumagern. Bei der Wegepflege gilt dann aber natürlich höchste Zurückhaltung. Je tiefer das Substrat des Wegebereichs und der Plattenfugen zum Bau von Nistgängen nutzbar ist, umso attraktiver sind diese Bereiche für Wildbienen. Keine Angst übrigens – Wildbienen, also auch Hummeln, haben zwar einen Stachel, aber sie sind ausgenommen friedliebende Tiere, weshalb man sie ganz entspannt bei ihren Aktivitäten beobachten kann. Sie stechen nur, wenn man sie drückt oder die Hand um sie schließt, also wenn sie sich in Lebensgefahr wägen. Honigbienen hingegen verteidigen ihren Stock durchaus sehr wehrhaft, da sie ja einen Staat zu beschützen haben. Nach drei bis vier Wochen ist das Spektakel rund um den Nistplatz bei den Wildbienen aber auch schon wieder vorbei und es kehrt Ruhe ein.

 

Der Standort für den Sandhaufen sollte vollsonnig und trocken (also nicht in einer Mulde gelegen) gewählt werden. Hervorragend geeignet sind Stellen, die natürlicherweise bereits einen spärlichen Bewuchs aufweisen. Gute Nistplätze werden meist auch von den nächsten Generationen genutzt, der bevorzugt offene Charakter der Fläche sollte deshalb langfristig ohne häufige oder starke Eingriffe erhalten werden können. Auf einem grundsätzlich geeigneten Standort, kann es bereits ausreichend sein, die Grasnarbe abzuheben, etwas Substrat abzugraben und dieses mit ungewaschenem, ungereinigtem Sand abzumagern. Für den Bau eines Sandhaufens von etwa drei m3 wird hingegen schon etwas mehr und vor allem das richtige Material benötigt. Ungewaschener Natursand, also mit entsprechendem Feinanteil und sehr feiner Körnung ist prinzipiell gut geeignet. Zum Testen der Eignung des Sandes, nimmt man feuchtes Material in die Hand und drückt es so fest es geht zusammen. Dann wird der Klumpen mit den Fingern etwas fester angestoßen, zerbröckelt er, ist der Sand für das Bauvorhaben gut geeignet. Achtet darauf nur Baumaterial aus eurer Heimatregion zu beziehen, aus natürlichen Lebensräumen darf selbstverständlich kein Substrat entnommen werden.

Ist das passende Material gefunden, werden zuerst noch vorhandene Steine, Wurzeln oder sonstige, gröbere Strukturen aussortiert. Dann wird an der ausgewählten Stelle im Garten die Grasnarbe entfernt und eine mindestens 20 cm tiefe und etwa 1 m2 große Mulde ausgehoben. Anschließend feuchten wir den Sand leicht an (nicht einschlämmen), denn so ist das Material leichter zu verarbeiten und der Feinanteil kann sich gut mit allen Schichten verbinden. Jetzt wird der Sand Schicht für Schicht in die Grube gefüllt und dabei immer wieder verdichtet (z. B. mit einem Brett oder den Füßen). Der Sandhaufen wird am besten mit großen Steinen (wie für Trockensteinmauern) oder dicken Ästen eingefasst. Dadurch entsteht eine optisch charmante Abgrenzung und es ist für langfristige Stabilität und Erosionsschutz gesorgt. Dann wird weiter Sand aufgeschichtet und verdichtet, sodass ein - vom Boden der Grube gemessen - insgesamt mindestens 50 cm hoher Hügel entsteht. Hinterfüllt auch die Lücken der Einfassung und drückt zuletzt alles gut fest. Wenn ihr den Bereich neben dem Sandhaufen noch mit Biotopholz wie morschen Baumstücken oder Wurzelstöcken oder auch Findlingen dekoriert, gibt das einen schönen optischen Effekt und bietet zudem in Kombination mit der Einfassung auch Wildbienenarten die nicht im offenen Bereich im Sand nisten verschiedene Möglichkeiten für ihre Kinderstuben.   

 

Ich wünsche euch einen ereignisreichen Weltbienentag mit vielen Besucherinnen und viel Freude beim Beobachten dieser großartigen Tiere!

 

 

 

Fotos: Alexander Mrkvicka, Susanne Kropf, Leopold Mayrhofer, Pixabay

Katharina Weber

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