Wie sehen unsere Garteninsekten die Welt?

Mit neuen Sichtweisen starten wir ins neue Jahr

Habt ihr euch schon einmal beim Frühstücken im Garten gefragt, ob die Fliege, die auf eurem Marmeladenbrot sitzt oder der Käfer, der an den Blüten nebenan eifrig Pollen sammelt, die bunte Natur um euch herum genauso wahrnimmt wie ihr? Ob sie scharf sehen oder pixelig, wie sie sich im Flug orientieren, ihre Artgenossen erkennen oder die passende Nahrungspflanze finden?

Insekten sind mit mehr als 1 Millionen bekannter Arten die größte Klasse im Tierreich. Libellen und Wildbiene gehören genauso dazu wie Bodentiere wie Ameisen und Käfer. Allgemeine Aussagen über die Blickwinkel von Insekten zu treffen ist demnach unmöglich. Trotzdem wissen wir, dass die Augen für viele Insekten ein ganz wichtiges Sinnesorgan sind und ganz anders aufgebaut als die der Wirbeltiere.

Koevolution: Bestäuber und ihre Nahrungspflanzen haben sich über Jahrmillionen aneinander angepasst und unter anderem spielt auch der Sehsinn von Insekten eine wichtige Rolle. Durch auffällige Blütenfarben oder für uns unsichtbare UV-Musterung machen sich Pflanzen interessant oder lotsen die Tiere zu ihnen, wie auf eine Landebahn.

Ganz schön komplex: Im Gegensatz zum menschlichen Linsenauge haben Insekten (und auch Krebs- /Weichtiere) sogenannte Facetten- oder Komplexaugen. Das Facettenauge setzt sich aus vielen Einzelaugen (Ommatidien) zusammen. Eine Honigbienen-Arbeiterin hat beispielsweise etwa 6.300, während eine Großlibelle rund 30.000 dieser Einzelaugen hat. Die Anzahl der Einzelaugen bestimmen die Sehschärfe mit. Im Gehirn werden die Eindrücke der vielen Einzelaugen zu einem Mosaikbild zusammengefügt.


Heißt das, dass Insekten die Welt so wahrnehmen?!

Nein, ihr Mosaiksehen sieht vermutlich wohl eher so aus:

Ist euch schon einmal aufgefallen, dass viele fliegende Insekten zusätzlich noch weitere kleine Augen auf dem Kopf haben? Das sind die sogenannten Punktaugen (Ocellen), die wahrscheinlich als Gleichgewichtsorgan dienen und bei anderen Hautflüglern womöglich auch als Licht-Kompassorientierung und zur Wahrnehmung der Lichtstärke.

Viele am Boden lebende Insekten wie Ameisen, Tausendfüßer oder Käferarten haben eine teils eingeschränkte Sehschärfe oder erkennen gar nur Hell-Dunkelkontraste. Bei Ameisen spielt bekannterweise der Geruchssinn eine viel größere Rolle als der Sehsinn und auch ihre Antennen übernehmen vielfältige Sinnesleistungen.

Können Insekten Farben sehen? Ja, auch viele Insekten sehen Farben, aber nehmen ein unterschiedliches Farbspektrum wahr als wir Menschen. Der Wiener Wissenschaftler Karl von Frisch entdeckte 1914 durch Experimente erstmals das Farbsehen der Bienen. Sein Ergebnis: Bienen haben eine Rotblindheit– auch viele andere Insekten können die Farbe Rot nicht sehen. Ein für uns üppiges, rotes Mohnblumenfeld sehen viele Insekten also komplett schwarz. Frisch erhielt für seine Entdeckungen 1973 zusammen mit Konrad Lorenz den Nobelpreis für "Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern".

Ich sehe rot: Die Tatsache, dass Menschen, Vögel und Reptilien die Farbe Rot sehen können ist in der Evolution eher eine Ausnahme. Es verschafft uns Menschen aber etwa den Vorteil, dass wir erkennen, wenn sich Beeren von grün auf die reife rote Farbe verfärben und wir so rechtzeitig ernten können.

Eine Besonderheit vieler Insekten ist, dass sie Ultraviolettes Licht und viele auch polarisiertes Licht wahrnehmen können. Diese Lichtstrahlen können wiederum wir Menschen nicht verarbeiten. Das heißt viele Blütenpflanzen in unserem Garten haben für uns unsichtbare Muster, die ultraviolettes Licht absorbieren und Insekten so zusätzlich anlocken. Das polarisierte Licht wird von einigen Insekten wie auch Vögeln und Fischen zur Orientierung genutzt.

Honigbienen können die Grundfarben Gelb, Grün, Blau und Ultraviolett wahrnehmen. Dafür können sie kein Rot sehen. Dunkelrot erscheint den Bienen als schwarz.

Bild links: Im für uns sichtbaren Licht hat die Blüte leuchtend gelbe Blütenblätter mit leuchtend gelben Staubgefäßen, die in der Mitte eine etwas dunklere gelbgrüne Gruppe von Fruchtblättern umgeben. Der Stängel und die Blätter sind grün und viel dunkler als die Blüte.

Bild rechts: Im ultravioletten Licht, das Bienen wahrnehmen können, sind die Äderungen auf den Blütenblättern viel deutlicher zu erkennen. Die Basis jedes Blütenblattes weist eine sehr dunkle Markierung auf (eine Nektarmarkierung). Auch die Fruchtblätter und Staubblätter erscheinen dunkel. Auch der Stängel und die Blätter sind dunkel.

 

Viel Spaß mit diesem neuen Blickwinkel bei eurem nächsten Gartenrundgang!

Fotos: „Natur im Garten“, Beneš-Oeller,  Brocks, Hirner, Pixabay Jolame, commons.wikimedia.org

Martina Wappel

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