Pflanzen fürs Begegnen im Mondschein
Das Nachtschwärmerbeet
Ein besonderes Beet rückt allabendlich die Vorzüge nachtaktiver Gäste in den Blickpunkt. Wenn die Blaue oder Goldene Stunde schlägt, lässt sich im Garten die Dämmerung genießen. Während Rot durch die Nacht geschluckt wird, trumpfen bei Farbtemperaturen zwischen 9.000 und 12.000 Kelvin viele Abendpflanzen mit den Farben des Mondlichts auf: Weiß, silber und hellgelb reflektieren sie auch noch den kleinsten Lichtstrahl, der auf sie fällt. Das macht sie auch für andere Augen als den menschlichen attraktiv. Denn Facettenaugen wissen, dass sie hier spätabends mit Blütenduft- und Nahrung belohnt werden. Kolibriartig schnell unterwegs sind Schwärmer, die Hummelschwärmer früher, die Taubenschwänzchen später. Eulenfalter sind im Gegensatz dazu langsam. Sie entzücken auch zahlreiche Fledermäuse, die uns aber auch die Gelsen vom Hals halten.
Wie Sie die nahen Verwandten des Igels fördern können, lesen Sie hier:
Zu den Pflanzen, denen Sie im Mondschein begegnen wollen, zählen mehr Arten als Sie sich vielleicht ausmalen: Levkojen (Matthiola incana) gehörten früher zur Ausstattung jedes Bauerngartens. Als Sommerblumen sind Nachtviolen (Hesperis matronalis) kleine Heimlichtuer, die tagsüber mit ihren einfachen weißen oder lila Blüten kaum auffallen. Abends aber verwandelt sie sich in Königinnen der Düfte, deren Blüten, wie der Name schon verrät, Veilchenduft verströmen und nahe der Nähe der Terrasse wahrlich verdienen.
Am Abend verwandelt sich auch die Nachtkerze (Oenothera odorata) zur Majestät. Mit zitronenartigem, fruchtigem Wohlgeruch besonders verlockend wirkt sie auf verschiedene Nachtfalter. Das tägliche Öffnen ihrer mondlichtgelben Blüten, bei dem sich ein Blütenblatt nach dem anderen aufrollt, ist ein Spektakel, das immer wieder fasziniert. Tags darauf sind die nächsten Blüten am bis zu einem Meter hohen Blütenstiel an der Reihe. Lässt man die Samen gewähren, so freuen sich die samenfressende Vögel im Herbst und Sie selbst sich auf die eine Fortsetzung des Blütenreigens im übernächsten Jahr.
Eine ideale Randerscheinung in Blumenbeeten sind die grünlichen kecken Zipfel der einjährigen Reseden (Reseda odorata). Als Napoleon seiner Kaiserin Josephine Samen der Reseda aus Ägypten schickte, war der Siegeszug ihrer leichten Veilchen-Himbeernote unaufhaltbar. Dass sie in Frankreich schließlich „Mignonette“ (französisch: »Liebchen«) genannt wurde, zeugt davon. Ihre Schwester, die Weiße Reseda (Reseda alba) ist als Dauerblüher doppelt so groß und macht im Prachtstaudenbeeten mehr Eindruck. Sie will aber auf der warmen Fensterbank vorgezogen werden.
Farbe und Duft bringen die Flammenblumen in den Garten. Von honigsüß, über Veilchen bis hin zu Kräuteraroma, ist ihr Duft umso stärker, je wärmer es ist. Phlox paniculata `Pax´ ist als beinahe krankheitsfrei bekannt. Phlox divaricata `Clouds of Perfume´ ist eine schöne, hellblau blühende Sorte, `White Perfume´ eine zierliche weiße Sorte für den Halbschatten.
Auch Lilien sind auf Nachtfalter angewiesen und duften deshalb auch noch zu später Stunde betörend bis narkotisch süß, wie etwa Königs-Lilien (Lilium regale) und Madonnen-Lilien (Lilium candidum).
Auch das Seifenkraut (Saponaria officinalis) startet am späten Nachmittag seine Duftoffensive. Die fast vergessene Wildpflanze wurde früher als Feinwaschmittel verwendet. Achten Sie aber darauf, dass die Ausläufer bildende Staude nicht von der ihr zugewiesenen Stelle im Beet „verduftet“.
Die Blüten der Zitronen-Taglilie (Hemerocallis citrina) fallen mit ihrem leuchtend-frischen Hellgelb positiv auf. Ab etwa 18 Uhr öffnet die hohe Staude ihre Blüten, die nach Maiglöckchen duften und lässt sie erst mittags fallen. In China wird sie nicht nur wegen der Schönheit angebaut, sondern wegen ihres Geschmacks.
Der einjährige Nachtphlox oder Sternbalsam (Zaluzianskya capensis), eine 30 cm kleine, kriechende Pflanze aus Südafrika, weist starken Marzipan- Vanilleduft auf. Am Tag lassen sich an sonnigen, nicht zu trockenen Standorten nur ihre dunkelroten Knospen blicken, die sich erst abends zu attraktiven weißen Blüten öffnen. Auf der Terrasse oder unter dem Schlafzimmerfenster in Töpfe gepflanzt, kann man ihr einmaliges Aroma Abend für Abend genießen! Sie sind allerdings nur schwer zu kultivieren… Leichter haben Sie es da mit der Wunderblume (Mirabilis jalapa). Sie ist auch deshalb im Mittelmeerraum in Sonne und Halbschatten allerorts zu finden. In England heißt sie „four o’clock“ plant. Verlässlich am Spätnachmittag öffnen sich die Blüten, die nicht nur umwerfend nach Orange duften, sondern mit weiß/gelb/rosa/lila gefärbten, teils gepunkteten Blütenblättern auch besonders schön aussehen. Ihre Knollen werden wie Dahlien überwintert oder man sät sie jährlich aus den sich überreich bildenden schwarzen Samen.
Eine schwere Jasminnote neben einer Mandelnote tragen die Stern-Gladiolen (Gladiolus murielae) in sich. Auch sie sind mit ihren weißen, innen dunkelroten Blütensternen nicht winterhart und müssen frostfrei und trocken überwintert werden, eignen sich auch für die Kultur im Kübel.
Haben Sie noch einen Platz zu vergeben? In einer Laube oder an die Terrasse gepflanzt, begleitet uns ihr bezaubernd süßlicher Duft den ganzen Sommers lang. Die stark duftenden Jelängerjelieber (Lonicera caprifolium und L. periclymenum) klimmen mit entsprechender Kletterhilfe auf zwei Meter Höhe.
Auch den Geruch von Jasmin (Jasminum) hatten Sie sicher schon einmal in der Nase. Schließlich findet sich sein Wohlgeruch vom Tee bis Parfüm und speziell Italienreisende verbinden ihn mit Urlaubsflair. Aber nicht nur wegen ihres Geruches ist die Pflanze so beliebt. Auch optisch hat der Jasmin einiges zu bieten: sommer- oder immergrünen Blätter und viele kleiner Blüten, das oft mehrere Monate lang. Ganz intensiv duftet der wärmeliebende und nicht winterharte Arabische Jasmin (Jasminum sambac). Als Zimmerpflanze erfreut er in abgelegenen Wohnungsteilen Ihre Nase mit seinem intensiven, süßen Duft.
Einen ähnlichen Look mit aromatischen fragilen und faszinierenden Blüten, Früchten und Blättern hat die Schlangenhaargurke (Trichosanthes cucumerina). Die reifen Früchte färben sich rot und sollen schmecken wie Paradeiser. Dazu brauchen sie entweder ihr ein natürliches afrikanisches Umfeld – oder entsprechend viel Hingabe und Wärme. Aber für manche Düfte lohnt sich das einfach.
Aufmerksamkeit zieht auch die Engelstrompete (Brugmansia/ Datura) auf sich. Die durstigen Topfpflanzen werden fern der Mittagssonne mitsamt dem Topf in Beete gesetzt. Die sommerliche Blüte kann bei nährstoffreicher Blumenerde sehr üppig ausfallen. Ein heller Überwinterungsplatz bei 5–15 °C ist für die leider stark giftigen Duftspender Pflicht.
Als einjährige Dauerblüher werfen der ebenfalls giftige, aber umso imposantere (bis 2m) hohe Wilde Tabak (Nicotiana silvestris) und der Flügeltabak (N. alata) mit hellen Trompetenblüten nur so um sich. Mit dem sinnlichen, schweren süß betörenden Duft zählen sie zu den wohlriechendsten Pflanzen, denen man gerne im Mondschein begegnet.
Menschliche Nachtschwärmer sind übrigens neben den tierischen in so manchem Schaugarten, der nächtliche Angebote anbietet, gerne gesehen. Mehr dazu: https://schaugartenkalender.naturimgarten.at/Series/1443/gartensommernchte
Fotos: „Natur im Garten“, Beneš-Oeller, Kolbinger, Mayrhofer, Streicher, Haiden