Obstbaumschnitt im Sommer

darauf müsst ihr achten

 

Für den Obstbaumschnitt im Sommer sollte man sich erst einmal von allen Seiten einen Überblick verschaffen, bevor man sich der Sache nähert. Oft kann mit wenigen gezielten Schnitten die Gesamtsymmetrie positiv beeinflusst und gleichzeitig ausgelichtet werden.

 

 

Warum aber soll man Obstbäume im Sommer schneiden, wenn man vor lauter Blättern wenig Durchblick hat? – Das wichtigste Argument ist die bessere Wundheilung während der Vegetationsperiode, besonders bei schnittempfindlichem Steinobst. Zum anderen bremst der Sommerschnitt das Wachstum leicht ein und ist damit besonders angebracht bei sehr wüchsigen Bäumen, die auf Schnittmaßnahmen eher heftig mit vielen antennenartig nach oben wachsenden Wassertrieben reagieren. Und: Obsthecken kann man nur durch zwei Schnitte im Jahr schmal und doch fruchtbar halten.

Vor allem bei den schnittempfindlichen Marillen-, Kirsch- und Pfirsichbäumen sollten Schnitte an Ästen ab etwa 3 cm Durchmesser im Sommer – Juni bis Anfang September - erfolgen. Walnussbäume sollte man am besten gar nicht schneiden. Wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt, ist der August der beste Zeitpunkt, weil sonst sehr viel Saft aus der Schnittfläche austritt - der Baum „blutet“ stark und langanhaltend. Auch wenn das Bluten durchaus sinnvoll ist, um Schaderreger aus der Wunde zu spülen, will man dem Baum nicht eine ganze Woche dabei zusehen. Im August hat der Baum das Längenwachstum für dieses Jahr abgeschlossen. Das ist auch daran erkennbar, dass die Blätter an der Spitze nicht mehr heller, sondern im gleichen satten Grünton gefärbt sind wie die weiter unten befindlichen. Die Zweige wachsen nun in die Breite und bilden Holz aus.

 

Schnittige Ernte

 

Viele verbinden das Praktische mit dem Angenehmen und beernten abgesägte Äste gleich anschließend. Es ist durchaus üblich, bei Kirschbäumen zur Erntezeit die Krone stärker zurückzunehmen oder bei älteren Marillenbäumen besonders ausladende Äste zu entfernen. Dies sollte nicht am heißesten oder windigsten Tag des Sommers erfolgen, an dem solche Schnittflächen stärker austrocknen.  Ideal sind solch massive Eingriffe für den Baum aber grundsätzlich nicht. Sie verringern auf jeden Fall seine Lebensdauer. Wenn der Baum nicht zu groß werden soll, wäre es besser, von vornherein einen auf schwachwüchsige Unterlage veredelten zu verwenden.

 

Möglichst k(l)eine Wunden

 

Die für Profis maßgebliche ÖNORM 1122 zur Baumpflege schreibt übrigens unter anderem vor, lebende Äste prinzipiell in der Vegetationsperiode zu schneiden, das artgerechte Erscheinungsbild der Pflanze zu erhalten und Kronenkappungen zu unterlassen. Reduktionen in der Krone sollten nicht mehr als 20% des Kronenvolumens ausmachen. Dabei sollten Starkäste über 10 cm Durchmesser grundsätzlich erhalten werden. Bei Baumarten, die ihre Wunden nicht so gut abschotten können, wie der Kirsche, sollten sogar nur maximal 5 cm messende Schwachäste geschnitten werden!

Besonders wichtig ist das Ableiten auf Zugäste und das Wegschneiden von Zweigen und Ästen auf Astring. Letzterer ist eine schmale Leiste oder ein kleiner Wulst an der Basis von Seitenzweigen oder –ästen, an dem teilungsfähiges Gewebe gehäuft auftritt.

Beim Ableiten von Ästen und Zweigen bleiben keine Stummel stehen, weil sie knapp ober- oder außerhalb einer Verzweigung abgeschnitten werden. Dabei wird der Saftstrom auf einen in die gewünschte Richtung stehenden schwächeren Zugast abgeleitet. Dieser bleibt mit all seinen Endknospen vollständig erhalten.

Die Pflanze überwallt die Schnittfläche von den Rändern her mit Kallusgewebe, und zwar umso schneller je näher der Schnitt an einer Astgabel oder im Bereich des sogenannten Astringes liegt. Weil die Säfte weiterhin bis hin zu den Endknospen des Zugastes an der Schnittwunde vorbeifließen, erfolgen sämtliche Heilprozesse schneller. Lässt man einen Stummel stehen, morscht dieser in der Regel zurück.

 

 

Das Verstreichen der gesamten Schnittfläche mit Wundverschlussmitteln ist nicht mehr Stand der Technik und bei richtiger Schnittführung in der Vegetationsperiode und glatten Rändern überflüssig. Allenfalls das Bestreichen eines dünnen Ringes ganz am Rand der Schnittfläche wäre sinnvoll, ist aber auch nicht unbedingt nötig. Man versucht damit die Verdunstung in der aktivsten Schicht des Querschnittes zu verringern - im Bereich von Rinde und Kambium, der Wachstumsschicht direkt unter der Rinde. Noch weniger Stand der Technik aber sind sogenannte „baumchirurgische“ Eingriffe wie Plombenfüllungen von Baumhöhlen mit Beton oder anderen Materialien. Sie sind geradezu kontraproduktiv und schädlich für den Baum.

Man muss Obstbäume übrigens nicht unbedingt schneiden. Durch gezielten Schnitt bleiben die Früchte aber gut erreichbar und der Baum fruchtbar. Kernobst blüht und fruchtet am Ende von Verzweigungen, vor allem an Kurztrieben. Steinobst blüht und fruchtet auch seitlich an Langtrieben. Für gute Fruchtqualität ist ein moderater Schnitt günstig, beim Pfirsich sogar starker Schnitt – allerdings nicht ins alte Holz.

 

Wer die Motorsäge braucht, ist nicht up to date

 

Als Werkzeug empfiehlt sich eine einsteckbare Klappsäge, eine größere Schere mit langem Hebel für Schwachäste und natürlich als wichtigstes Gerät eine gut funktionierende Bypass-Schere passender Größe mit abnehmbarer Klinge zum Schärfen. Beim Schneiden sollte man darauf achten, die Schere immer mit der Klinge zur Basis zu halten, da sonst 5 mm Stummel und Druckstellen durch das Gegenstück zur Klinge vorprogrammiert sind.

 

 

Auch eine Säge und eine Schere mit Teleskopstange sind hilfreich für höhere Bäume.

Bei den Schnittmaßnahmen werden alle dürren Partien, einander querende, reibende, in die Baummitte hineinwachsende und steile, lange Triebe entfernt. An Langtrieben entwickeln sich in der Regel weniger Blüten. Gibt es zahlreiche Wassertriebe, wird nur ein Teil davon entfernt. Sie können schon Ende Juni – mit festen Handschuhen gewappnet -  weggerissen werden. Stark nach unten hängende Zweige liefern meist schlechtere Fruchtqualität und kommen ebenfalls weg. Will man dem Baum Höhe nehmen, kappt man den Leittrieb knapp oberhalb eines passenden Seitentriebes und leitet somit auf diesen ab.

Kurztriebe/„Spieße“ unter 20 cm liefern meist Früchte guter Qualität und werden daher prinzipiell stehen gelassen. Bei kleinen, vollbesetzten Spießen sollte man die Früchte allerdings rechtzeitig ausdünnen.

 

Den Hut durch, drüber oder drauf werfen?

 

In Summe wird also nicht einfach nur abgeschnitten, was über die erreichbare Höhe reicht – wie beim sogenannten „Hausmeisterschnitt“, sondern auf die Gesamtform geachtet, abgeleitet oder weggeschnitten – im Kleinen wie im Großen. Dadurch wird die Krone ausgelichtet. Den Hut braucht man im Zustand voller Belaubung aber nicht unbedingt durchwerfen können.

Bleiben bei maßvollem Schnitt jeweils Endknospen erhalten, merkt der Baum kaum, dass er geschnitten wurde und ein physiologisches Gleichgewicht zwischen Wachstum und Früchten kann sich einstellen. Werden viele Zweige gekappt, bringt das den Baum aus der Ruhe. Neue Endknospen müssen sich formieren, Verzweigung und Triebwachstum werden dadurch angeregt. - Das kann man sich etwa beim Pfirsichschnitt zunutze machen, der am besten entweder kurz vor dem Aufblühen im April oder Anfang September erfolgt. Der Pfirsich ist deshalb als letzter dran beim Sommerschnitt, weil er dazu neigt, direkt anschießend noch einmal auszutreiben. Schneidet man schon im Juli, kann das dazu führen, dass die frischen Triebe bis zum Winter nicht mehr ausreichend verholzen.

 

Spezialfall Säulenobst und Obsthecke

 

Bei Obsthecken und Säulenobst ist Anschneiden ebenfalls Prinzip. Voraussetzung ist, dass die Einzelbäumchen der Hecke auf schwachwüchsige Unterlagen veredelt und daher nicht allzu triebig sind.

Für eine schmale Silhouette kürzt man jährlich in der zweiten Junihälfte die Seitentriebe auf 7 bis 8 Augen bzw. auf Heckenbreite ein. Pragmatiker nehmen dafür eine Heckenschere. Durch Einkürzen der Langtriebe werden die Basisknospen besser ausgebildet und entwickeln im nächsten Jahr bevorzugt die gewünschten Kurztriebe. Auf den Schnitt im Juni folgt ein weniger starker Austrieb als nach einem etwaigen Frühjahrsschnitt. Im August wird nochmals gekürzt. Entstehen mit den Jahren kleine „Hirschgeweihe“, kann man diese zum Verjüngen ganz entfernen.

Klaus und Gabi Strasser vom Obstsortengarten Ohlsdorf in Oberösterreich (OSOGO) schneiden Ihre Obsthecke im Frühjahr und im Sommer. Zweimal jährlich zu schneiden ist auf jeden Fall angebracht.

 

 

Bei Säulenbäumen lässt man den Haupttrieb jahrelang unangetastet. Erst nach frühestens 6 Jahren kann man eventuell auf einen schwächeren Seitentrieb ableiten, falls die Säule zu hoch wird. Eine etwaige Begrenzung der Breite erfolgt wie bei der Obsthecke im Sommer. Die jüngsten Säulenbaum-Generationen wachsen allerdings so kompakt, dass sie kaum Schnitt benötigen.

 

 

 

Fotos: Leithner

Anna Leithner

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