Lebendes Weidenzelt bauen

So wird's gemacht

 

 

 

Sie sind in unseren Gärten im wahrsten Sinne des Wortes bereits gut verankert: lebende Weidenbauten wie Tipis oder Zelte hören, wenn sie einmal verwurzelt sind, nicht einfach zu wachsen auf, sondern ganz im Gegenteil: vor allem obenauf produzieren sie jedes Jahr aufs neue eine ganze Menge langer Triebe, die man zum Teil ins Bauwerk selbst wieder hineinflechten oder einfach wegschneiden kann, um die angestrebte Bauform zu erhalten. Im Gegenzug erhält man tolles Flechtmaterial für weitere Weidenbauprojekte wie Tunnels, Flechtzäune und Rankgerüste oder sogar zum Korbflechten.

 

 

Jedenfalls sind Weidenbauten auch nach ihrer Fertigstellung arbeitsintensiver als zum Beispiel Plaudernischen mit einer Abschirmung aus langsamer wüchsigen Heckensträuchern. Die Weidenruten benötigen am Anfang für die Wurzelbildung genügend Feuchtigkeit. Im Jahr der Anlage empfiehlt es sich, im Frühling und Sommer alle 2 Wochen einen Schlauch hinzulegen und für zumindest 15 Minuten das Wasser laufen zu lassen. Das entspricht dem Inhalt von etwa 20 bis 25 Gießkannen. Nach Starkregen kann das natürlich entfallen. Bei Trockenheit im Sommer brauchen die durstigen Weiden je nach Bodenart aber auch in den Folgejahren unter Umständen üppige Wassergaben. Das sollte einem bewusst sein, wenn man ein Weidenbauwerk plant.

 

Und dafür ist jetzt der optimale Zeitpunkt:

 

Die erforderlichen Weidenruten werden in der kalten Jahreszeit geschnitten, solange sie kein Laub haben, am besten erst kurz vor dem Bau. Dieser kann im Februar oder März erfolgen, sobald der Boden nicht mehr gefroren ist. Schneidet man früher und liegt ein längerer Zeitabstand zwischen Schnitt und Bau, sollte das geschnittene Weidenmaterial vor Austrocknung geschützt gelagert werden: schattig und entweder mit einer Plane zugedeckt oder als Bündel mit den Schnittstellen in Wasser.

Die für Weidenbauwerke am besten geeigneten Weidenarten besitzen hochelastische Jungruten, deren Enden sich quasi um den Finger wickeln lassen, und sie haben schmale Blätter. Die Sal- oder Kätzchenweide (Salix caprea) mit ihren rundlich-breiten Blättern wurzelt als Steckholz weniger gut an und ist zu spröde. Bruchweide und Trauerweide sind ebenfalls ungünstig und die Silberweide aufgrund ihrer Wuchskraft nur für sehr große Bauwerke geeignet.

 

 

Nicht allzu hochwüchsige, elastische Weidenarten wie 1. die Mandelweide (S. triandra), 2. die Korbweide (S. viminalis) und 3. die Purpurweide (S. purpurea) sind ideal. Sie werden auch gerne zur Sicherung von Flussufern verwendet, um bei Überschwemmungen die Strömungsgeschwindigkeit zu bremsen. Weil die Elastizität der Äste ab einem Triebdurchmesser von etwa 4 cm abnimmt, werden die Weidengebüsche dort regelmäßig im Winter zurückgeschnitten. Bei den Gewässerverantwortlichen fällt also jeden Winter eine Menge Material an. Es lohnt sich danach zu fragen.

 

Für ein etwa 2,5 m breites und hohes Weidenzelt benötigt man etwa 75 Ruten bzw. Äste:

·         ein Drittel davon knapp 4 m lang und mit einem Durchmesser von 3 bis 5 cm an der Schnittstelle – etwa für die Steher des Grundgerüstes, die möglichst tief in den Boden gesteckt und oben in der Mitte zusammengebunden werden.

·         zwei Drittel davon können etwas dünner sein, mit einem Durchmesser an der Schnittstelle von 2 bis 3 cm und einer Länge von 3 bis 3,5 m. Sie werden zum Großteil zur Versteifung diagonal eingeflochten.

Sind die vorhandenen Ruten kürzer oder weniger Ruten vorhanden, wird das Bauwerk einfach kleiner, und Nebenäste können bei geeigneter Länge gleich als dünnere Ruten verwendet werden.

 

Für den Bau benötigt man folgendes Werkzeug:

 

Reißfeste Schnur aus Naturmaterial zum Zusammenbinden. Diese Verbindungen sollen mit der Zeit zerfallen. Deshalb ist Kunstfaser ungünstig. Draht ist für Kinder wegen der Verletzungsgefahr nicht geeignet.

Sand oder Gesteinsmehl zum Anzeichnen des Kreisumrisses

Eisenstange und schwerer Hammer zum Vorbohren von Bodenlöchern

Stehleiter mit ca. 1,5-2m

Scheibtruhe(n)

Krampen/Spitzhacke

Spaten

Schaufel

Kleine Handsäge

Astschere

 

Und hier noch einmal der Ablauf im Detail als Checkliste:

 

1. Wählen Sie einen sonnigen bis halbschattigen Standort aus, denn Weiden mögen keinen Schatten.

2. Befreien Sie die Ruten von ihren Seitenzweigen, und zwar möglichst stummelfrei, damit sie sich später beim Bauen gut durchschieben lassen.

 

 

3. Sortieren Sie die Ruten: mindestens 15 besonders lange und dicke werden als Steher für das Grundgerüst benötigt. Einige davon kann man probeweise im Kreis in die Erde stecken, um die Größe des Bauwerks zu bestimmen. Ein Stöckchen in der Erde mit einem Stück Schnur daran dient als Zirkel. Außerdem sollte bereits festgelegt werden, wo der Eingang hinkommen soll.

 

 

4. Die Grundform kann man mit Sand markieren oder einfach entlang der vorgesteckten Ruten die Erde spatentief und -breit ausheben und aus dem entstehenden Graben befördern - ausgenommen im Eingangsbereich: hier wird die Grasnarbe belassen. Links und rechts davon darf der Graben dafür etwas breiter und tiefer werden für den Eingangsbogen.

 

 

5. Den Boden im Graben etwas durchlockern und dann im Abstand von ca. 20 bis 25 cm mit der Eisenstange leicht schräg zur Mitte Löcher hineinschlagen. Die ersten vier Äste werden gegenüberliegend möglichst tief in die vorgebohrten Löcher hineingesteckt und an der Spitze, oben in der Mitte, zusammengebunden. Dann werden die restlichen Äste gesteckt und alle oben zusammengebunden. Nach dem Auffüllen mit Erde sollten sie alle mindestens 30 bis 40 cm darin versinken.

 

 

6. Für den Eingang werden zwei „Faschinen“ hergestellt. Das sind Bündel aus jeweils 5 bis 10 dickeren Ästen, die etwa alle 30 cm fest zusammengebunden werden. Dabei wird der jeweils stärkste und längste Zweig pro Bündel nur ca. 60 cm lang mitgebunden, alle anderen bis zur Spitze miteinander verbunden. Die zwei freien Zweige sollen die Lücke über dem Eingangsbogen füllen. Die Faschinen werden in den Graben links und rechts vom Eingang gestellt, oben bogenförmig verbunden und auch mit dem restlichen Tipi an mehreren Stellen zusammengebunden.

 

 

7. Die restlichen Ruten schiebt bzw. webt man diagonal in das senkrechte Gerüst ein: von oben beginnend mit der dicken Seite nach unten, und führt sie also abwechselnd vorne und hinten an den Stehern vorbei bis zum Boden. Zwischen jedem Gerüstast sollte so eine Diagonale in jeweils beide Richtungen starten und das Gebäude aussteifen und stabilisieren.

 

 

 

 

 

 

8. Vor dem Zuschütten des Grabens sollte bereits einmal gegossen werden und nach dem Zuschütten noch einmal und in Folge regelmäßig, besonders im ersten Frühjahr und Sommer.

 

 

 

 

Es gibt natürlich auch noch andere Bauweisen. Der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt. Aber die beschriebene hat sich bei unseren Workshops bewährt. Weitere Infos zu Weidenbauten finden Sie unter www.naturimgarten.at.

Wer im Frühjahr bauen möchte, sollte die Weiden möglichst bald schneiden - bevor sie austreiben. Die nächste Möglichkeit besteht dann wieder im November - nach dem Laubfall.

Viel Freude beim Bauen!

 

 

 

Fotos: Leithner, Haiden, Redl

Anna Leithner

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