Kohleintopf?
Grünes Kraut im Wintermantel
Wünschen Sie sich vielleicht manchmal, die kalte Jahreszeit einfach zu überspringen und direkt mit dem Frühling wieder zu beginnen? Das wäre schade, denn auch in dieser Ruhephase des Gartens begleiten uns im Garten oder auf dem Balkon Pflanzen mit besonderem Geschmack, Heilkraft und Schönheit.
Verschiedenste Wintergemüse können Sie auch in der kalten Jahreszeit gut im Vliestunnel weiterziehen, denn sie sind härter als Sie vielleicht denken: Besonders viele Sorten aus der Gattung der Kreuzblütler gehören zu den Wintergemüsen. Ob nun Weiß- oder Rotkraut, Grün-oder Palmkohl, Kohl- oder Steckrübe und viele andere mehr. Und es ist weniger die Kälte, die ihnen zusetzen kann als die Feuchtigkeit des Winters.
Asien-Importe
Asiasalate wie Babyleaf oder Pak Choi etwa zeigen sich in Aussehen, Farbe und Geschmack unterschiedlich - von leicht pfeffrig, über erfrischend saftigen oder fruchtigen Kohlgeschmack bis hin zu Senfnoten. Mizuna bedeutet „saftiges Gemüse“, was die Qualität seiner mild scharfen Blätter bestens beschreibt. Tatsoi etwa verträgt Temperaturen bis minus 10°C und kann so selbst unter dem Schnee hervorgezaubert werden.
Blattsenf wird auch Brauner Senf genannt. Mit gezackt geränderten, ovalen, geschmacksintensiven Blätter-Sorten wie `Grün-im-Schnee´ kann auch er noch sehr spät im Jahr für die Ernte ab Spätherbst gesät werden – und zwar dichter als Pflücksalat. Sie können mehrmals geschnitten werden. Hier gilt aber: nicht zu tief schneiden. Sobald es Asiasalaten zu warm wird, fangen sie an zu schossen und Blüten zu treiben. Ewiger Kohl blüht dagegen nie und bleibt uns so im Gemüsegarten lange erhalten.
Chinakohl hat jetzt im September seine wohl beste Zeit. Bei guter Wasser- und Nährstoffversorgung können Sie sich mit der Ernte ruhig Zeit lassen, denn er verträgt bis - 6 Grad Celsius. Besonders Kalium, wie es in Kompost und Beinwelljauche enthalten ist, stärkt sein Wachstum. Chinakohlsorten mit kleinen, losen Köpfen von 20cm sind die Sorte `Pai Tsai´ oder `Tokyo Bekana´.
Wüst an Kölch?
Auf Wienerisch heißt das soviel wie: Willst du Streit? Kelch bedeutet eigentlich aber„Becher auf einem „Stängel/Stiel", biblisch also: "Herr, lass diesen Kelch an mir vorübergehen".
Kölch drückt im Wienerischen aber auch Kohl aus, der bekanntlich lang gekocht wird, um bekömmlich zu sein, und dann auch von zahnlosen Menschen gegessen werden kann.
Im Gemüsebeet spielt der nackte Stiel des Palmkohls jetzt oft eine überragende Rolle und wird von einer dichten feingekräuselten Blattrosette gekrönt.
Grünkohl als auch Palmkohl bekommen mehr Geschmack, wenn sie einige Nachtfröste überstehen. Beide brauchen jetzt für mehr Blattmasse Stickstoffdünger wie Brennnesseljauche. Auch eine frühe Untersaat mit Alexandrinerklee, der gut abfrostet, ist eine weitere Möglichkeit, um Nährstoffe zur Verfügung zu stellen. Alternativ dazu können Sie Perserklee verwenden, den Sie allerdings wegen seiner Wuchshöhe einmal kappen und dann als Düngung liegen lassen müssen.
Für Chinesischen Stängelkohl bleibt im Garten immer Platz. Auch er strebt mit großen Blättern an langen Stielen bei wenig Platz nach oben.
Stielmus/ Rübstiel erinnert mit seinen langen, grünen Blätter und hellen Stielen an Mangold. Er wird dicht an dicht aneinander gepflanzt, sodass die kleinen weißen vorzüglichen Mairübchen beengt stehen und Stiele ausbilden.
Vom verwandten Teltower Rübchen, einer Speiserübe, war Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe besonders angetan. Als „Navet de Teltow“ kam sie an den Hof und war auch in französischen Adelskreisen hochgeschätzt.
Radischen und Rettich tauchen auch jetzt etwas tiefer in die Erde hinab. Sie mögen geschütztere und leichte humose Böden.
Unkompliziert wächst jetzt auch der Kohlrabi. Er entwickelt sich rasch, was die Ernte bis in den Winter ermöglicht, im milden Klima kann sie bis zum Frühling ausgedehnt werden.
Kulinarische Schätze
Ob Glassturz, Vliesdecke oder –bogen - wärmende Hüllen retten die Pflanzenzellen vor dem Frost. Pflanzen haben darüber hinaus zwei Strategien, Frostschäden zu vermeiden. Zum einen verzögern sie die intrazelluläre Eisbildung („freezingavoidance“), etwa durch die Umwandlung von Stärke in Zucker, der gelöst im Wasser den Gefrierpunkt herabsetzt, oder aber sie entwickeln eine Gefriertoleranz gegenüber extrazellulärer Eisbildung („freezingtolerance“).
„Über guten Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.“
Bei der Ernte im gefrorenen Zustand sollten Sie deshalb generell vorsichtig vorgehen, damit Sie möglichst keine Zellen schädigen. So werden die Pflanzenschätze möglichst auf Tücher gebettet. Besser funktioniert das bei trockenem Wetter. Über die Pflanzen im Beet drapierte Weißdorn- oder Rosenzweige sorgen mit ihren Dornen bzw. Stacheln dafür, dass hungrige Wildtiere nicht zum Zug kommen.
Wollen Sie trotz aller kulinarischer Wünsche Ihre Beete vor dem Winter aufgeben, dann kommen diese mit einer Abdeckung aus Laub und Erde besser über den Winter als ohne. Als Mulchschicht sorgt dieser Mix dafür, dass der Boden und seine Lebewesen ausreichend Wärme abbekommen. Ernten bei trockenem Wetter sorgen generell für längere Haltbarkeit. Kleinere Mengen Kohlrabi können Sie mitsamt der Wurzel auch in feuchtem Sand einschlagen. Wenn Sie wie Louis de Funes auf zahlreiche Außerirdische warten, können Sie eine größere Anzahl überzähliger Kohlköpfe in sogenannten Horden auslüften und bis zum Verbrauch pyramidal mitsamt der Strünke nach innen auf einem Holzgestell aufschichten. Sie können Kohl aber auch in Erdmieten lagern. Dafür werden die Strünke abgeschnitten und die äußeren zwei bis drei Blätter entfernt.
Der Geschmack frisch geernteter saisonaler Produkte bleibt im Vergleich dazu dennoch unschlagbar. Und über guten Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.
Fotos: Benes-Oeller