Junifall abwarten oder Früchte frühzeitig ausdünnen?
Für eine besssere Ernte im heurigen & Blüte im nächsten Jahr
Wenn im Juni ein Teil der Früchte von den Obstbäumen – insbesondere beim Kernobst – abfällt, ist das kein Grund zur Sorge, ganz im Gegenteil: die Bäume sind klüger als wir Menschen und sorgen beizeiten selbst dafür, sich nicht zu übernehmen oder gar ins „burn out“ zu geraten. Die Ausbildung von Früchten, insbesondere von fruchtbaren Samen, braucht nämlich extrem viel Energie. Ein weiterer Vorteil: Bleiben zu viele Früchte am Baum, werden diese nur klein und unansehnlich. Fallen jedoch einige zeitig ab, entwickeln sich die verbleibenden Früchte umso besser.
Außerdem produzieren die wachsenden Embryonen (wie man die Samen auch nennen kann), bereits sobald die Früchte etwa walnussgroß sind, Stoffe, die die Blütenbildung fürs nächste Jahr hemmen. Diese wird ansonsten ab Mitte Juni im Baum eingeleitet. Wenn Apfelbäume in einem Jahr aber so viele Früchte haben, dass sie für das nächste Jahr kaum oder gar keine Blüten ansetzen, nennt man das Alternanz. Gewisse Apfelsorten wie Boskoop, Elstar und Fuji, die auch sehr viele Samen ansetzen, neigen stärker dazu als andere: auf ein Apfeljahr folgt eines fast ohne Ernte und umgekehrt. Wer der Alternanz vorbeugen möchte, sollte mit dem Ausdünnen nicht bis nach dem Juni warten, sondern dies ab dem Ballonstadium der Blüte tun und spätestens bis die Frucht Walnussgröße erreicht. Oder aber man gibt sich mit dem jährlichen Wechselbad an Äpfeln zufrieden.
Durch einen starken Frühjahrsschnitt im „Nichtertragsjahr“ kann man übrigens das Triebwachstum anregen. Dadurch setzt der Baum tendenziell weniger Blüten fürs „Ertragsjahr“ an, während die Blütenbildung fürs nächste Jahr durch das Pinzieren, also Kappen, bzw. Abknicken der Neuaustriebe im Juni positiv beeinflusst werden. Deshalb ist auch der beste Schnittzeitpunkt für Obsthecken Mitte Juni (und eventuell ein weiteres Mal im Spätsommer).
Nicht Befruchtetes trennt sich ab
Es gibt noch einen anderen Grund für das Abfallen der noch winzigen Früchtchen schon wenige Wochen nach der Blüte, nämlich wenn diese unzureichend befruchtet wurde. Fast alle Obstarten benötigen eine zweite Sorte für die Befruchtung. Wer sich in diese Thematik weiter vertiefen möchte, findet hier ausführliche Informationen. Auch besonders kühle und feuchte Witterung zur Blütezeit kann beitragen zu diesem Umstand, weil dann unsere geliebten Bestäuberinsekten nicht im ausreichenden Maß aktiv werden konnten.
Die sich entwickelnden Samen in den Früchten erzeugen das Wachstums- und Streckungshormon Auxin, das Alterungsprozesse verzögert und den Abwurf von Blättern, Blüten und Früchten verhindert, weil es die Ausbildung von Trenngeweben hemmt. Bei fehlender Befruchtung und damit fehlender Samenentwicklung in den noch kleinen Früchtchen bildet sich am Stielansatz der betroffenen Früchte eine Korkschicht, die zur Ablösung (“Abszission”) vom Gehölz führt.
Wenn aber nur 5 % der Blüten Früchte ergeben, ist das mehr als ausreichend. Die Fruchtzahl sollte nämlich für eine gute Fruchtversorgung in einem vernünftigen Verhältnis zur Blattzahl stehen . Über die erforderliche Blattzahl gibt es unterschiedliche Angaben. Einmal reichen 10 bis 15 Blätter, gezählt im Juni, für einen Apfel aus. Ein andermal sollten es 20 - 40 Blätter pro Frucht sein, damit diese optimal ausreifen kann.
Ausputzen überflüssiger Früchte
Jedenfalls sollte man schon wenige Wochen nach der Blüte mit einer Schere loslegen, will man weniger Früchte erhalten, die dafür größer und geschmackvoller werden, und um den Blütenansatz fürs nächste Jahr zu sichern. Nach dem Junifall wirkt sich eine Ausdünnung zwar auch noch auf die Fruchtqualität aus, aber nicht mehr auf die Alternanz.
Im Ertragsanbau erfolgt die Blüten- und Fruchtausdünnung für eine gute Fruchtqualität und Alternanzvorbeugung vom Ballonstadium der Blüte bis zur walnussgroßen Frucht. Das Ausmaß des „Ausputzens“ und ob es überhaupt erforderlich ist, hängt ab vom bisherigen Jahresverlauf in Bezug auf Frost bzw. Spätfrost, Bienenflug und Baumwachstum, weiters von der Alternanzneigung, dem Vorjahrsertrag und vom Blütenansatz. Bei sogenannter „Weißblüte“ (wenn man den Baum vor lauter Blüten nicht mehr sieht) beispielsweise besteht großer Handlungsbedarf für Apfelprofis.
Was kommt weg, was bleibt dran?
Die Fruchtstiele sollten prinzipiell am Baum verbleiben. Geschnitten (oder gerupft) wird also direkt an den Früchten. Manche Blüten- bzw. Fruchtbüschel werden zur Gänze entfernt, ausgenommen die Stiele - die bleiben dran wie schon erwähnt. Die verbleibenden Büschel sollten 2 bis 3 Früchte aufweisen und ein paar leere Stiele. In schattigen Bereichen des Baumes können alle Fruchtansätze entfernt werden. Große, gut entwickelte Früchte bleiben erhalten, beschädigte, berostete, von Krankheiten befallene sowie kleine, unterentwickelte oder deformierte, etwa asymmetrische Früchte sollten zur Gänze entfernt werden – wie im folgenden Beispiel die untypisch rundlichen Birnen. Links im Bild die typische Form, in der Mitte die untypische, in deren Inneren es sich eine Larve bequem gemacht hat. Früher oder später wäre das Früchtchen also ohnehin abgefallen.
Auch die erste Generation des Apfelwicklers (Cydia pomonella) hilft mit bei der Fruchtausdünnung für bessere Fruchtqualität, während ihre Folgegeneration im Spätsommer uns weniger Freude macht - als Wurm im Apfel. Aber dazu mehr in meinem nächsten Blog und bis dahin wünsche ich: Gutes Durchputzen oder Abwarten und Tee trinken! Vielleicht ja Apfelschalentee…
Fotos: Leithner, Benes-Oeller, Haiden