Hart im Nehmen
Jetzt an Kräuter - und Gemüseaussaat denken
Auch wenn der Herbst für gewöhnlich die Jahreszeit ist, in der wir uns mit einer reichen Ernte in den Winter zurückziehen, ist die Gartensaison für einige Gemüse und Kräuter noch nicht zu Ende
Denn für frisches Grün in den Wintermonaten sind auch der September und Oktober gefragte Aussaattermine. Besonders auf Balkonen und Terrassen macht ihr Anbau nah am Haus mit seinen geschützten Bedingungen jetzt durchaus Sinn. In raueren Gegenden helfen auch Glashäuser oder Minigewächshäuser für das Aufkommen und Gedeihen dieser sonst robusten Pflanzenschätze.
Ein Kohlgewächs, das mir in meinem letzten Blog durch die schreibenden Finger geschlüpft ist, ist die Rauke. Unter dem Sammelbegriff „Rucola" finden sich die gut winterharte schmalblättrige Wilde Rauke (Diplotaxis tenuifolia) und die etwas empfindlichere Garten-Senfrauke (Eruca sativa), die sich gut für die Anzucht im Balkonkasten eignen. Eine Saattiefe von 1,5 cm Tiefe ist für sie anzuraten. Lockere Böden ohne Staunässe belohnen mit einer guten Ernte bis ins nächste Jahr. Vorausgesetzt die Jungpflanzen überstehen Frosttage unter einem Vlies. Rucola kann auch dann immer neu austreiben, wenn Sie nur abschneiden, was Sie wirklich brauchen.
Dill
Dill (Anethum graveolens) wächst dort, wo er will. Bei Problemen mit dem Anbau empfiehlt sich deshalb, ihm mehrere feucht -kühle Möglichkeiten zur Entwicklung anzubieten. Dill gehört zu den wenigen Kräutern, die mit nährstoffreichen Böden vorlieb nehmen. Zudem sollen diese locker und wasserdurchlässig und am besten sonnig oder halbschattig sowie windgeschützt sein. Weil er Umpflanzen nur schlecht verträgt, wird er am besten direkt im Freiland gesät - in Reihen mit 20 cm Abstand. Da Dill ein Kalt- und Lichtkeimer ist, sollten Sie das Saatgut andrücken und nicht mit Erde bedecken, oder er darf sich ganz von alleine aussäen.
Zitronenmelisse und Waldmeister
Selbstaussaat steht auch bei Zitronenmelisse (Melissa officinalis) und Waldmeister (Galium odoratum) hoch im Kurs. Als Lichtkeimer wird auch Zitronenmelisse nicht mit Erde bedeckt, sondern nur leicht angedrückt.
Die Samen des Waldmeisters gehören zu den Frostkeimern, weshalb sie im Herbst und Winter bei ungefrorenem Boden ausgesät werden. Halbschattig, unter lichten Bäumen und Sträuchern in nahrhaftem Boden wachsend, möchte diese cumarinhältige Pflanze dann möglichst wenig gestört werden.
Zehen in die Erde!
Für Knoblauch und Wintersteckzwiebeln braucht es nur etwas Geduld, Licht und Wasser! (Winter)Steckzwiebeln (Allium cepa), spezielle Zwiebelsorten, eignen sich für den Winteranbau. Anfang Oktober ist der letzte Pflanztermin für die würzigen Gesellen in den Gemüsebeeten. Sie brauchen deutlich weniger Licht als verwandte Sorten und vertragen Frost ohne Probleme. Zum Auspflanzen wird die Erde im Beet gelockert, Unkraut entfernt und der Boden mit etwas reifem Kompost angereichert. Die Wintersteckzwiebeln werden dann etwa drei Zentimeter tief mit dem Wurzelboden nach unten und der Spitze nach oben in die Erde gesetzt - so tief, dass das obere Drittel noch sichtbar bleibt.. Der Abstand zwischen ihnen sollte - je nach Sorte 8-10 cm, zwischen den Reihen 20 cm betragen. Bis zum Wintereinbruch sollten sie bleistiftdicke Blätter entwickelt haben. Unter minus 10 °C halten dann Vlies oder Tannenzweige Sorten wie gelben `Senshyu Yellow´ , weiße `Silvermoon´ und rote `Electric´ warm. Sollte es jedoch längere Zeit weder regnen noch schneien, vergessen Sie nicht aufs Gießen.
Manche (Winter)Knoblauch-Zehen (Allium sativum) aus dem Supermarkt sind zum Auspflanzen nur bedingt geeignet, denn sie stammen oft aus viel wärmeren Gefilden. Stecken Sie deshalb jene aus heimischen Anbau bis Ende Oktober mit der Spitze nach oben etwa fünf Zentimeter tief in den Boden und halten zwischen den einzelnen Zehen 15 cm Abstand. Danach gießen Sie an, aber nur so viel, dass sich dauerhaft keine Staunässe bildet.
Schmackhafte Blätter
Zu viel Wasser können Sie dagegen der Brunnenkresse (Nasturtium officinale) gar nicht zu Teil werden lassen, denn sie gehört zu den Wasserpflanzen. Den richtigen Standort vorausgesetzt, ist sie ziemlich pflegeleicht. Auch Dünger benötigt sie keinen.
Wie Sie von Kresse- Basteleien wissen, ist auch die Gartenkresse - die Pflanze für Ungeduldige und Faule schlechthin, sehr genügsam. Sie keimt draußen und drinnen - selbst ohne Erde - und kann sogar am Fensterbrett gezogen werden. Ihre geballte Kraft würde sie an die 50 cm hoch wachsen lassen, was ihr wegen ihrer Schmackhaftigkeit aber nur selten gelingt.
Winterportulak (Claytonia perfoliata) ist mit seinen porzellanartigen Blüten ein winterlicher Genuss. Es lohnt sich, das Blattgemüse selber anzubauen, vor allem dann, wenn im Winter ein Gewächshaus leer steht. Auch Tellerkraut, Kubaspinat oder Winterpostelein genannt, stellt Winterportulak kaum Ansprüche an den Boden, nur sollte dieser feinkrümelig sein. 1 cm tief gesät können Sie die Ernte nach gut zwei Monaten starten. Zusammen mit ihm können Wintersalate gesät werden.
Späte Aussaaten im Folientunnel oder im Freiland sind auch bei Winterspinat möglich, wenn nicht sogar ratsam. Denn mit der richtigen Sortenwahl keimt er jetzt draußen besser als im durch die Klimaerwärmung dafür oft zu heißen, trockenen Frühling.
Mangold (Beta vulgaris subsp. vulgaris) ist ebenfalls frosthart. Lassen Sie ihn im Beet überwintern, haben Sie für zeitig frisches Blattgemüse vorgesorgt. Weil er nicht wie Spinat schmeckt, mögen ihn Kinder oft noch weniger. Übriges: Ein Geschmack bedarf erst etwa 20 Wiederholungen, um vollständig ins Genuss-Repertoire aufgenommen zu werden.
Wurzeln und mehr
Die Samen von Karotten (Daucus carota subsp. sativus) sind frosthart und werden in ihrer wilden Form durch Tiere weiterverbreitet, wenn sie in deren Fell haften bleiben. Im Frühherbst gekeimte Rosetten von Karotten überwintern grün, und haben im Vergleich zu Frühlingsaussaat ebenfalls einen Startvorteil. Das Saatgut wird im Beet in Furchen in einem Abstand von etwa 2 bis 4 cm pro Samenkorn gepflanzt. Leichter ist die Handhabe durch das Mischen mit Sand.
Vogerlsalat (Valerianella locusta) ist nicht nur wohlschmeckender König unter den Salaten. Auch er kann - unkompliziert im Anbau - in der kalten Jahreszeit geerntet werden. Wichtig ist allen frostunempfindlichen Sorten ein sonniger Standort. Wird er dichter als 10 cm ausgesät, bleiben die Blätter oft klein und unten gelblich. Nach der Aussaat wird die Erde leicht angedrückt und vorsichtig gegossen. Im Mini-Gewächshaus vorgezogen, verkürzt sich die Keimzeit deutlich. Bei der Ernte sollte die untere Rosette geschützt werden, damit wieder Blätter heranwachsen. Das, was nicht geerntet wird, dient im Frühling als Gründünger oder besticht durch seine zarten Blüten.
Die bekannte Rapunzel wurde im Märchen nach der Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus), einer frühen Gartennutzpflanze benannt. Weil die Rosette der Rapunzel-Glockenblume dem Vogerlsalat ähnelt, wurde dieser zum Rapunzel-Salat. Eigentlich begann im Märchen alles durch die Schwangerschaftsgelüste von Rapunzels Mutter auf diese in Nachbars Garten wachsenden Wurzeln. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fotos: Benes-Oeller, Brocks