Grillen, Zirpen und mehr

Eine Fülle von Hör-Erlebnissen, wartet im Garten auf Sie

Gärten werden ja vorrangig über die Augen wahrgenommen. Wenn Sie an Blüten schnuppern oder eine Vielfalt an Blättern und Früchten kosten, sind aber auch Geruchs- und Geschmackssinn gefragt. Selbst der Tastsinn kommt zum Zug, wenn Sie über wollige Pflanzen streichen, runde Samen ernten oder unwillige Zweige aufbinden.

Auf das Gehör wird im Garten schnell vergessen. Vielleicht auch deshalb, weil gerade die „Ruhe“ hier als besonders positiv empfunden wird. Ob Verkehrsgetöse, der Lärmpegel am Arbeitsplatz oder zuhause - selbst wenn wir diese Geräusche bewusst gar nicht mehr wahrnehmen, das Gehirn arbeitet ständig daran. Es sortiert, unterscheidet und wertet, damit zwischen dem Störenden und Lästigen nicht wichtige Botschaften verloren gehen. Das Gehör nimmt Töne und Klänge über Schwingungen wahr, die tief in unsere Körper eindringen und Emotionen wecken. Stille tut uns oft besonders gut. In der Abgeschiedenheit des Gartens dürfen Gehör und Gehirn sich entspannen und auch die Muskeln, die sich mit zunehmendem Lärm unwillkürlich verkrampfen, kommen zur Ruhe.

 

Nicht zur Ruhe kam dagegen kürzlich der Nordwesten der USA, wo Singzikaden (Magicicada) lautstark mit ihren Trommelorganen bis zu 84 dB von sich hören ließen. Die „Periodischen Zikaden“ schlüpfen je nach Art nach einer 13- oder 17-jährigen Entwicklung als Larven im Boden - meist alle gleichzeitig. Paarung, Eiablage und Sterben bleiben auf wenige Wochen begrenzt. Beseitigt werden die  Massen in Müllcontainern, gekennzeichnet mit „Drop-off for Cicadas only“, zur Verfütterung in Zoos. Der typische Gesang der Singzikaden, ist manchen aus dem Mittelmeer-Urlaub ans Ohr gewachsen. Viele Zikadenarten sind für uns aber nicht zu hören. Vor allem die Weibchen bleiben stumm, wie mitunter bei uns Menschen.

 

 

Da sind mir die einlullenden Gesänge hierzulande weitaus lieber: Die bis zu 2cm langen Feldgrillen sind ihrer Musik wegen bekannt: In China und Japan werden sie deshalb auch in Käfigen gehalten und in Wettkämpfen um den schönsten Gesang eingesetzt. Ihre Flügel sind symmetrisch gebaut, so dass sie „linksflügelig“ als auch „rechtsflügelig“ zirpen können.


Das bleibt den Schrecken verwehrt. Während  Kurzfühlerschrecken sich meist rau oder raschelnd anhören, musizieren Langfühlerschrecken mit den asymmetrisch gebauten Vorderflügeln. Ein Flügel trägt eine Schrillleiste mit quer liegenden, länglichen Schrillzäpfchen. Der andere trägt eine Schrillkante. Eine Art Trommelfell auf den Vorderflügeln sorgt für Resonanz.


Die Meister der Tarnung mögen ja nicht auffliegen, deswegen bleiben sie bei menschlichen Annäherungsversuchen stumm. Hört ihnen aber ein Weibchen zu, können sie auch ganz anders. Die artspezifischen Gesänge lassen sich durch  Oszillo- und Sonagramme auslesen.

 

 

Hören Sie mal!, ist ein einfaches Rezept mit erstaunlicher Wirkung: Schließen Sie die Augen. Leise Geräusche bewusst wahrzunehmen verbindet Sie auf neue Art mit der Natur. Es schärft die Sinne und eröffnet Gartenaspekte, die bisher vielleicht verborgen blieben. Wen wundert es da, dass aus solch bewusstem Hören meditative Wirkung entstehen kann.

Natur pur! Unsere Ohren nehmen im entspannten Zustand auf einmal wieder differenziert wahr. Auch die leisen Geräusche, die im Garten meist durch Menschen, Tiere, Wind und Wasser erzeugt werden, entgehen ihnen dabei nicht: Ob Vogelzwitschern, Zikadenzirpen, Bienensummen oder Blätterrascheln - aufdringlich sind all diese Töne nicht. Oft blendet das an Lärm gewohnte Gehirn diese Töne einfach weiter aus. Erst mit der kalten Jahreszeit wird es uns manchmal bewusst, welche Klänge des sommerlichen Gartens uns dann fehlen.

 

 

Meist setzen sich die "Klang-Instrumente" des Gartenorchesters zufällig zusammen. Lachen, Kreischen oder Plaudern sind nur ein Teil davon. Auch die weniger angenehmen Geräusche von Rasenmähern, Werkzeugen, Gartenpumpen, Maulwurfschreck oder lautstarken Grillfesten der Nachbarn haben vielleicht zu gewissen Zeiten ihre Berechtigung. Im Gegenzug können Sie die angenehmen Töne natürlicher Elemente – der Pflanzen, des Wassers, des Windes – auch bewusst einsetzen.

 

 

Warum nicht einen Lauschgarten schaffen, der das Gehör in den Mittelpunkt stellt? Blasenstrauch und Pimpernuss rascheln mit pergamentartigen Früchten. Heller klingt der Ton der Silberlinge, wenn ihre flachen, silberweißen Schoten aneinander reiben. Besonders Gräser wirken, wenn der Wind durch ihre Halme oder dichten Samenstände streift. Mohnkapseln und Klappertopf stimmen mit den raschelnden Laternen der Lampionblume in das kleine, stimmige Gartenorchester ein.

 

 

Im Hochsommer ertönt von der Spitze der Kiefern lautes Knacken, wenn die Zapfen inmitten der Sommerhitze aufplatzen und die Samen zur Erde rieseln. Auch Wasser erzeugt dann verschiedenste wohltuende Klänge. Ob ein kleiner Brunnen oder ein Wasserlauf – das belebte Nass bildet angenehme Klangkulissen. Je nach Geschwindigkeit wirken diese beruhigend oder anregend. Quellsteine, Springbrunnen und Wasserlauf können gluckern, rieseln, tropfen, murmeln und rauschen und so auch unangenehme Geräusche übertönen. Regentropfen erschaffen Klangbilder, wenn sie auf Dächer, Wege oder Blätter fallen.

Vögel oder Grillen lassen sich anlocken, wenn ihnen ein attraktiver Lebensraum mit Nahrung und Unterschlupf geboten wird.

 

 

Mit knisternden Flügeln schießen Libellen über den Gartenteich. Die Zitterpappeln und Weiden, in deren Schatten es sich am Ufer jetzt gemütlich -verträumt eingelullt von ihrem sanften Geräuschen räkeln lässt,  rascheln im Wind. Dass es sich im Bad besonders gut singt, wissen auch die Vögel im Vogelbad. Eine besondere Freude ist es, wenn im Winter die Vögel den Frühling verkünden. Welche Vogelart Sie im Garten besuchen wird, lässt sich nicht ganz sicher voraussagen. Die geschickte Anlage eines naturnahen Lauschgartens kann aber auf jeden Fall den Reichtum an Vogelstimmen beeinflussen. Vielfältig sollte der Garten auf jeden Fall sein, dann finden Samenfresser wie Buchfinken und Insektenfresser wie Mönchsgrasmücken Nahrung. Dichtes heimisches Gebüsch bietet Unterschlupf und Nistmöglichkeiten für Heckenbrüter wie Amsel und Zaunkönig. Nistkästen locken Meisen oder Hausrotschwanz und andere Höhlen- und Nischenbrüter an. Im gesamten Gartenjahr sind Kugeldistel, Sommerflieder, Sonnenblumen, Fette Henne und viele andere gern besuchte Ausflugsziele für zahlreiche heimische Insektenarten. Dann summt und brummt es.

 

 

Unter die beruhigenden Geräusche des Abends mischt sich auch das Rascheln eines Igels. Im Winter hüpfen Eichhörnchen von Baum zu Baum. Ist weniger Licht vorhanden, scheint es, dass das Gehör die Laute doppelt so scharf wahrnimmt wie während des Tages. Und so eigenartig es klingen mag, zu den besonderen Hörerlebnissen im Garten gehört auch die Stille.  

 

Fotos: Benes-Oeller, Haiden, Wikimedia/Magicicada

 

Margit Beneš-Oeller

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