Die schönsten Lilien
für den Garten
Lilien sind wie Rosen: Was schön blüht, wird Lilie oder Rose genannt. Taglilien, Schwertlilien, Palmlilien etc. sind genauso wenig Lilien wie Schneerosen, Seerosen & Co Rosen. Die echten Lilien dagegen haben es schwer. Während bei Rosen jeder zuerst an Rosen denkt, denkt man bei Lilien meist an die falschen. Aber nicht nur deswegen. Im Garten werden Lilien meist völlig falsch gepflanzt und sind daher selten dauerhaft.
Lilien (Lilium) sind eine Gattung der Familie Liliengewächse, zu der die gärtnerisch bekannten Kaiserkronen und Schachbrettblumen (Fritillaria), Tulpen (Tulipa), Krötenlilien (Tricyrtis), Zahnlilien (Erythronium) und Riesenlilien (Cardiocrinum) gehören. Wie viele Arten es in der Gattung gibt, ist unklar, da es keine aktuelle Bearbeitung gibt. Es sind jedenfalls weit über 100. Die meisten Lilien sind sehr heikel in der Kultur und daher kaum bekannt. Im Garten ziehen wir vorwiegend Hybriden. Im Gegensatz zu den meisten „Lilien“ sind Lilien ungiftig. Ihre Zwiebeln werden in manchen Ländern als Gemüse geschätzt. Sie sind daher auch für Wühlmäuse interessant. In der Natur sind sie für Wühlmäuse unerreichbar, aber durch die falsche Pflanzung im Garten.
Doch dazu später. Wenden wir uns den Kulturgruppen zu, die für uns infrage kommen.
Phallus und kastrierte Keuschheit
Die klassische Bauerngartenlilie ist die Madonnen-Lilie (Lilium candidum). Sie ist seit etwa 3600 bis 4000 Jahren in Kultur und somit eine der ältesten Kulturpflanzen. Ob ihrer Form galt sie als Phallussymbol, der Farbe und des kräftigen Geruchs wegen als Totenblume und nur der Farbe wegen als Symbol der Reinheit. Kastrierte Blüten, also von Staubblättern und Stempel befreit, stehen in der christlichen Mythologie für Jungfräulichkeit – lange bevor die die sexuelle Bedeutung von Stempel und Staubblättern wissenschaftlich beschrieben wurde. Es ging also wohl nur um die farbliche Reinheit. Die christliche Symbolik erlaubte ihre Kultur in mittelalterlichen Bauerngärten, in denen nur Nutz- und religiöse Pflanzen kultiviert wurden.
Im Gegensatz zu allen anderen Lilien muss die Madonnen-Lilie genauso wie die Riesenlilien (Cardiocrinum) im September gepflanzt werden, da nur zu dieser Zeit Wurzeln gebildet werden, und die Zwiebelspitze darf kaum von Erde bedeckt sein. Selbst ihre nächsten Verwandten tiefer gesetzt werden. Sie werden mit L. candidum nach ihrer Herkunft als Euro-Kaukasische Lilien (Division 3) bezeichnet, aus der kaum Hybriden erhältlich sind. Im südlichen Österreich ist die Krainer Lilie (Lilium carniolicum) heimisch. Gelb, Orange und Rot sind die typischen Blütenfarben der Wildarten aus dieser Verwandtschaft.
Alle anderen Lilien sollen 30-60 cm tief gepflanzt werden. Auch das widerspricht der Faustregel , dass Zwiebeln dreimal so tief in den Boden gehören, wie die Zwiebelhöhe beträgt. Lilien, die unter einem Meter Höhe erreichen sind bei 30-25 cm gut aufgehoben. Alles, was höher wird, sollte tiefer in den Boden. Der Grund dafür: Die Wurzeln am Zwiebelboden dienen vorwiegend der Verankerung und dazu, die Zwiebeln tiefer in den Boden zu ziehen. Ernährt wird die Pflanze vorwiegend von Wurzeln, die aus dem Stängelstück zwischen Zwiebel und Erdoberfläche wachsen. Zwar würden Lilien im Lauf der Zeit selbst in wühlmausfreie Tiefen wachsen, aber bei großen Zwiebeln sind nicht nur Mäuse, auch alle möglichen anderen Tiere einfach schneller. Tief im Boden können die an sich feuchtigkeitsliebenden Lilien Trockenheit und Nässe von oben gut vertragen, hohes Grundwasser allerdings nicht.
Gärtnerisch werden Lilien in Gruppen eingeteilt, die Divisionen genannt werden und nummeriert sind. Je nach Blütenhaltung werden sie zusätzlich mit drei Kleinbuchstaben bezeichnet: a für aufrechte Blüten (Feuerlilien-Typ), b für seitlich abstehende (Madonnenlilien-Typ), c für hängende (Türkenbundlilien-Typ). Sorten mit seitlichen Blüten sollten mindestens 120, mit hängenden mindestens 180 cm hoch werden, um im Garten zu wirken. Kleinere Sorten sind nur als Schnittblumen interessant.
Asiatische Lilien
Am einfachsten zu kultivieren sind Asiatische Lilien (Division 1). Die meisten Arten der Gruppe kommen aus dem gemäßigten Ostasien, aber auch die heimische Feuer-Lilie (Lilium bulbiferum) mit ihren zwei Unterarten gehört dazu. Asiatische Lilien sind meist duftlos, seltener schwach duftend. Es gibt sie mit aufrechten flachen bis hängenden türkenbundartigen Blüten in allen Farben zwischen Weiß und Schwarzrot, Braun sowie Gelb. Die Grundfarbe der Blüten kann einfarbig oder zweifarbig sein, zusätzlich können die Blüten dunkel gezeichnet sein oder auch nicht. Leider sind vorwiegend Pflanzen aus der Schnittblumenzüchtung im Handel erhältlich. Es zahlt sich aus nach Sammlern und Züchtern zu suchen und bei den b- und c-Sorten auf das holländische Sortiment zu pfeifen. C-Sorten mit Wuchshöhen teilweise bis über 3 m gehören zu den gärtnerisch wertvollen Sorten.
Trompetenlilien
Wie der Name schon andeutet, hat diese Gruppe gemäßigt bis tropisch ostasiatisch-pazifischer Herkunft trompetenförmige Blüten. Einige Arten, wie der Mandarinen-Türkenbund (Lilium henryi), allerdings nicht. Trotz der einfachen Kultur und der duftenden Blüten sind die winterharten Sorten aus der Mode gekommen. Wohl, weil sie sich nicht für die Schnittblumenproduktion eignen. 'African Queen' (orange), 'Golden Splendor' (gelb) oder 'Pink Perfection' (violettrosa) werden oft mit Höhenangaben von 80-120 cm verkauft. Bei der üblichen Pflanzmethode stimmt das auch, aber eigentlich werden sie 180 cm und höher. Regelmäßiger findet man die Königs-Lilie (Lilium regale) im Handel. Die Farbe Rot fehlt in dieser Gruppe.
Man führt die vorwiegend winterharten Sorten als Division 6. Nur die Sorten und Hybriden der weißblühenden subtropischen Oster-Lilie (Lilium longiflorum) werden in der Division 5 geführt. Man erhält diese schnittblumentauglichen Sorten manchmal im Handel. Die härtesten unter ihnen sind allerdings nur in milden Lagen bei Trockenheit von September bis zum Ende der Frostperiode winterhart.
Orientalische Lilien
Die prächtigsten Lilien mit dem gleichzeitig betörendsten Duft sind die der Orient-Gruppe (Division 7). Betörend im ursprünglichen Wortsinn: betäubend. Oft kaum auszuhalten. Auch die Blüten sind mit bis zu 30 cm die größten unter den Lilien. Sie beinhalten das gesamte Farbspektrum der Gattung. Diese Lilien werden häufig angeboten und sind doch kaum in unseren Gärten zu sehen. Was auf den Zwiebelpackungen nicht vermerkt ist: Sie sind absolut kalkfeindlich. Einige sind auch über saure Böden nicht allzu begeistert, über hohen Humusgehalt ebenso wenig. Die geologische Situation in Österreich ist also nur in einigen Landesteilen orientlilientauglich und auch dort nicht für alle Sorten. Die begehrteste Wildart, die Goldband-Lilie (Lilium auratum) wächst in der Natur in Vulkanasche und tiefgründigen vulkanischen Böden. Im Garten blüht sie genau einmal. Die Pracht-Lilie (Lilium speciosum) ist da einfacher zufriedenzustellen. Sie wächst in feuchten bis nassen sauren Wiesen und verträgt hohe Humusgehalte. Sie war daher wichtig für die Züchtung gartentauglicher Sorten. Weil die Gegenden Europas, in denen die Böden für eine Freilandkultur tauglich sind, nicht allzu ausgedehnt sind, hat man viele Zwergsorten mit Wuchshöhen von 30 bis 60 cm für die Topfkultur gezüchtet. In unpassenden Böden werden allerdings die hohen Sorten auch nicht höher.
Türkenbund
Die bekannteste heimische Lilie ist der Türkenbund (Lilium martagon). Er und seine ostasiatischen Verwandten zeichnen sich dadurch aus, dass die Stängel nicht gleichmäßig beblättert sind. An einigen Abschnitten sind die Blätter gehäuft, andere sind blattlos. Die Hybriden dieser Martagon-Gruppe werden in der Division 2 geführt. Sorten wie 'Arabian Night' oder 'Claude Shride' sind wunderschöne Pflanzen. Allerdings sind Türkenbundlilien so wohlschmeckend für allerlei Getier, dass sie bei uns selten zur Blüte kommen.
Es gibt noch einige andere Divisionen der Lilien-Hybriden. Sie spielen allerdings in unseren Gärten keine Rolle. Nur die Division 8, Lilien, die in keiner anderen Division Platz haben, ist interessant. Die meisten Sorten hier sind Kreuzungen zwischen den Divisionen. Diese Lilien werden allerdings nicht nach ihrer Division geführt, sondern mit Kürzeln aus den englischen Bezeichnungen ihrer Elterndivisionen.
LA-Lilien
Diese Gruppe stammt nicht aus Kalifornien. Es handelt sich um Kreuzungen aus Longiflorum-Gruppe und Asiatischen Lilien. Die Sorten sehen aus wie Asiatische Lilien, sind aber wüchsiger und duften. Da sie leicht zu vermehren sind, sind sie häufig im Handel zu finden. Für unsere Gärten sind sie aber kaum geeignet. Warme Lagen und sehr gute Drainage sind nötig.
LO-Lilien
Aus Longiflorum- und Orientalischen Lilien entstanden, ist diese Gruppe zwar schön und wüchsig, etwas kalkverträglich, aber leider kaum winterhart.
OA-Lilien
Endlich eine tolle Gruppe für unsere Gärten. Die Schönheit Orientalischer und Asiatischer Lilien kombiniert, mit der Gartentauglichkeit letzterer und dem Duft ersterer. Und handlich in der Größe.
OrienPet-Lilien
Die Bezeichnung OT-Lilien für die Hybriden Orientalischer mit Trompetenlilien ist ebenfalls gängig, klingt aber so off topic. In den diversen bunten bildbearbeiteten Versandkatalogen mit teils selbsterfundenen Sortennamen werden sie als Baumlilien oder Tree Lilies bezeichnet. Auch sie vereinen die Pracht der Orientalen mit einfacher Kultivierbarkeit. Ihre Wuchshöhe ist unberechenbar und schwankt je nach Bodenbeschaffenheit und Pflanztiefe von kümmerlichen 50 cm bei flacher Pflanzung bis zu vier Metern und mehr bei gleicher Zwiebelgröße.
Wem nützen Lilien?
Wer außer uns Menschen hat etwas von der Pracht? Die Blüten der meisten Lilien werden von Nachtfaltern bestäubt. Lediglich bei den Blüten vom Feuerlilientyp sind es Tagfalter. Als illegitime Blütenbesucher sind oft Fliegen, Käfer und manchmal Hummeln anzutreffen. Sie erreichen weder Nektar noch Narben, sondern betätigen sich als Pollendiebe.
Die Gruppe der Lilienhähnchen aus der Familie der Blattkäfer kann den Pflanzen arg zusetzen. Rehe und Hirsche freuen sich dermaßen am Grün, dass es im Wienerwald fast bärlauchdichte Bestände an Türkenbund gibt, die niemals zur Blüte kommen, ein- bis dreiblättrig dahinwachsen und sich nur vegetativ vermehren. Die Zwiebeln schmecken Wildschweinen, Dachsen und sämtlichen Nagern. Ach ja, und Schnecken seien als Vertilger von Putz und Stingel, Blatt und Zwiebel auch noch genannt. Einige dieser Tiere lassen sich im Garten mit Zäunen ausschließen.
Fotos: Dietrich, Benes-Oeller, Haiden