Amseln und richtige „Rabenviecher“
Freud oder Leid im Garten
Amseln spalten die GärtnerInnenschaft. Sind sie den einen so wie alle Singvögel höchst willkommen, klagen andere ihr Leid über ausgerissene Gemüsejungpflanzen, aufgescharrte, zerstörte Beete und wehren sie ab mit Vogelschutznetzen, einfach aufgelegten oder in die Erde gesteckten Ast- und Zweiggittern, Ultraschall-Tiervertreibern, Schutzringen aus PET-Flaschen, reflektierenden Bändern oder ausgedienten CD´s zur Irritation.
Manchmal wird gegen die schönen Vögel auch ins Treffen geführt, dass sie die Nester anderer Singvögel ausrauben, wobei sie die Jungvögel der Konkurrenz mutwillig zerhacken und dann nicht einmal fressen, wie es sich in der Natur eigentlich gehören würde.
Ein ehemaliger Kollege erzählte mir einmal von seinem Grant und Kampf gegen die Amseln in seinem Innenhofgarten, bis er sie einmal im Sommer mit einem scharfen Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch vertreiben wollte. Der Vogel badete sich in der kühlen Dusche sichtlich so genüsslich, dass er ihm nicht mehr böse sein konnte.
Besonders erfreut aber der schöne Gesang des “blackbirds”, das Lied der Männchen: Flötenklänge in angenehmster Tonlage, nicht zu schnell und auch weniger hoch als der von Grasmücke & Co, wie man sich unter https://xeno-canto.org/species/Turdus-merula oder https://www.deutsche-vogelstimmen.de/amsel/ auch in Österreich überzeugen kann. Wer sich noch weiter in die Welt der Vogelstimmen vertiefen möchte, findet auch in einer App fürs Handy namens Bird.ID gute Hilfe.
Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen optisch durch ihre dunklere Färbung und den leuchtend gelben Schnabel. Typisch für beide ist der gelbe Ring ums Auge.
Mit den Raben und Krähen sind Amseln zwar weniger nah verwandt als mit den Drosseln. Aber die dunkle Farbe verbindet sie ebenso wie das gespaltene Verhältnis der Menschen zu ihnen.
„Rabenviecher“ polarisieren
Ganz allgemein handelt es sich bei den Rabenvögeln um sehr neugierige, intelligente und damit auch anpassungsfähige Tiere mit hochentwickeltem Sozialverhalten. Durch ihre Neugier treiben sie allerhand Schabernack und sind als erste zur Stelle, wenn es darum geht, etwas Neues im Garten zu erkunden und praktisch einzusetzen - Erdsäcke aufzupicken, Nüsse auf hartes Pflaster fallen zu lassen, um sie zu knacken und anderes. Mir hat es bisweilen schon große Freude bereitet, die Schar mit ihren lustigen Einfällen zu beobachten.
Der Vorwurf an Rabenvögel wie Krähen und Elstern, sie würden die Dichte anderer Vogelarten negativ beeinflussen, wurde durch Studien übrigens NICHT bestätigt. Die Nachnutzung ihrer Nester durch Greifvögel und Eulen wirkt sich sogar positiv aus. Wenn Vogelarten verschwinden, liegt das meist daran, dass der Lebensraum nicht mehr für sie geeignet ist und etwa in leer geräumten Gärten und Landschaften Nester leichter auffindbar und Nahrungsangebote knapp werden.
Auch was die Landwirtschaft betrifft, hat eine deutsche Studie gezeigt, dass lediglich durch die Saatkrähe - und nur lokal - bedeutsame Schäden auftreten können. Früher fanden sich in den Feldern jede Menge Würmer und Larven, sodass Rabenvögel sich als Schädlingsvertilger sogar nützlich machten.
Rabenvögel in Österreich
Auch wenn es ihr heiseres Krächzen nicht immer erwarten lässt, werden Rabenvögel den Singvögeln zugeordnet. In unseren Breitengraden zählen neben den „dunklen Gesellen“ Kolkrabe, Aaskrähe, Saatkrähe, Dohle, Alpendohle sowie der fast ausgestorbenen Alpenkrähe auch noch Elster, Eichelhäher und Tannenhäher dazu.
Kolkrabe
Der Kopf unseres größten Rabenvogels mit Flügelspannweiten bis zu 130 cm wirkt fast etwas klein im Vergleich zum besonders mächtigen, langen Schnabel, über den bis zur Hälfte noch die Befiederung reicht. Sein Gefieder ist kohlrabenschwarz glänzend und an der Kehle oft struppig.
Aaskrähe – gespaltene Art
In Westeuropa bis in den Osten Österreichs tritt die Aaskrähe als durchgehend schwarz gefärbte Rabenkrähe auf, in Italien und Osteuropa als Nebelkrähe mit heller grau gefärbtem Mantel und Bauch. In der Übergangs- oder Hybridzone der beiden Unterarten - also auch in Ost- bis Südösterreich - kommen beide sowie Mischformen vor.
Saatkrähe
Die Saatkrähe ist bereits aus der Ferne gut erkennbar am hellgrauen Schnabel, der sich optisch bis weit unters Auge zieht.
Dohle
Die etwas kleinere Dohle ist im Gegensatz zur Nebelkrähe nur am Hinterkopf hellgrau, hat auffällig blaugraue Augen und einen kürzeren Schnabel. Sie macht sich gerne mit Saatkrähen zur Nahrungssuche auf.
Alpendohle und Alpenkrähe
Bei der Alpendohle fällt der leuchtend gelbe Schnabel auf, während dieser bei der äußerst seltenen Alpenkrähe rötlich, länger und gebogen ist.
Elster – diebisch oder nicht…
Die Elster ist mit ihrem unverkennbaren schwarzweißen Gefieder ein häufiger Standvogel in Siedlungsgebiet und Kulturlandschaft, wo sie kugelige Nester in größeren Bäumen errichtet, und zwar gleich mehrere in der Umgebung, wobei sie nur eines verwendet. Dichte Waldgebiete und höhere Lagen meidet sie.
Eichelhäher – der Gärtner unter den Raben
Der Eichelhäher versteckt gerne Eicheln und andere Samen als Vorrat für den Winter und wird deshalb in manchen Forstrevieren mit Absicht für die Aufforstung eingesetzt. In der kalten Jahreszeit besucht er ebenso wie der Tannenhäher gerne auch mal Futterhäuschen.
Tannenhäher steht auf Zirben
Der schwarzbraun-weiß gefleckte Tannenhäher mit dunklem Scheitel, Flügel und Schwanz ist ein weitverbreiteter Brutvogel in den alpinen Bergwäldern mit viel Nadelhölzern. Ganz besonders liebt er Zirbensamen als Winternahrung.
Kooperatives Brüten
Für alle außer den Hähern und Alpenbewohnern verschieben sich die Bruthabitate immer mehr in die Stadt. Grund dafür sind das bessere Angebot an Brutplätzen und Nahrung und dass sie hier nicht bejagt werden.
Bis auf die Dohle als Höhlenbrüter, die im städtischen Bereich gerne alte Kamine nutzt, sowie Alpendohle und –krähe als Felsbrüter brüten alle Rabenvögel in Bäumen. Der Kolkrabe ist sowohl Baum- als auch Felsbrüter.
Saatkrähen brüten gerne in Kolonien - während ihre Verwandten wie etwa Aaskrähen paarweise Brutterritorien einnehmen. Sie werden unterstützt durch Jungtiere vom Vorjahr und weitere Nichtbrüter als „Pfleger“ oder „Helfer“. Diese helfen beim Nestbau, versorgen das brütende Weibchen und Jungtiere mit Nahrung und verteidigen das Brutrevier bzw. zeigen Beutegreifer an.
Vielseitige Allesfresser und ihre Umgebung
Während der Brutzeit ist proteinreiche tierische, außerhalb der Brutzeit pflanzliche Nahrung begehrt. Für die Suche danach bevorzugen Kolkrabe, Saat- und Aaskrähe offene Habitate, in denen sie Feinde früh entdecken können. Dies ist umso wichtiger, als sie nur langsam vom Boden abheben können.
Bei Hähern und Elster verhält es sich umgekehrt: sie besitzen ein kleineres Sichtfeld und können schnell abheben. Als Nahrungsgründe bevorzugen sie daher eine deckungsreiche Umgebung, in der Wendigkeit gefragt ist.
Dohlen haben sowohl ein kleines Sichtfeld als auch spitze Flügel, die sie langsam abheben lassen. Daher bevorzugen sie kurze Vegetation für die schnelle Feindentdeckung. Weil mehr Augen mehr sehen, tun sie sich auch gern mit Saatkrähen für die Nahrungssuche zusammen.
Denn unsere „Rabenviecher“ sind gar nicht blöd. Und in guter Gesellschaft ist es lustiger oder geht alles leichter.
Fotos: pixabay, „Natur im Garten“ (Piribauer, Beneš-Oeller), Alpenkrähe von Malte Uhl", CC BY-SA 2.5, Wikimedia Commons