Alles Gute zum Muttertag!

Ein Herz für Insekten

Während den menschlichen Mamas zum Muttertag „Alles Liebe, viel Glück und Gesundheit“ gewünscht wird, geht das fromme Trachten im Tierreich eher in die andere Richtung – so wie an weiteren 364 Tagen im Jahr auch bei uns. Damit der Nachwuchs von Insekten gut vorankommt, haben sie sich manch eigenartige Strategie überlegt: Im Reich der Blätter und Blütenblätter stechen die folgenden besonders ins Auge:

Wenn hierzulande auch keine Blattschneider-Ameisen (Ameise sprich auch Emse) emsig sind, so sind es zumindest ihre nahen Verwandten, die Bienen. Besonders die verschiedenen Blattschneider- oder Tapezierer-Bienen zählen zu den auffälligsten Wildbienen. Mitunter hört man besonders emsige mit einem grünen Blattstück davonschwirren.

Das außergewöhnliche Nistmaterial wird dabei von den zarten, aber starken Geschöpfen davongetragen und erinnert an Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel oder für jüngere und junggebliebene Leser*innen an Harry Potter auf dem Nimbus 2000.

Was führen die Bienen mit den Blattstücken im Schilde? Je nach Art werden daraus formschöne Stanitzel gerollt und Hohlräume (Pflanzenstängel, Käferfraßgänge im Totholz oder Bodenspalten) zu Brutzellen umgebaut, mit abgeschnittenen Blatt- und Blütenstücken tapeziert und selbst langlebige Türen bzw. Verschlüsse damit gebaut.

Mit Pollenvorrat und je einem Ei für die später daraus schlüpfenden Bienenlarven ausgestattet wird jede Kammer nach Tut ench amun - Art verschlossen. Bei mehreren Geschwistern folgt Stanitzel auf Stanitzel, bis der gesamte Hohlraum voll ist. Bei der gemütliche Blätter-Tapete als Innenauskleidung können je nach Art verschiedene Blütenblätter und Blätter begeistern.

Die Gelbleinbiene (Hoplitis moscaryi syn. Hoplitis linophila) legt ihre Nester in lückig bewachsene Bereiche und kleidet diese fast nur mit Blütenblättern des Gelben Leins (Linum flavum) aus. Danach trägt sie den Pollen genau dieser Pflanzenart ein. Sich so stark an die Futterpflanze zu binden, ist mit Gefahren verbunden. Gibt es keine Blüte zum richtigen Zeitpunkt oder ist sie etwa durch Mahd nicht verfügbar, geht es ans Eingemachte.

Die unaussprechliche Flockenblumen-Blattschneiderbiene (Megachile apicalis) gestaltet dagegen Lehmmauern, verlassene Schneckenhäuser oder hohle Pflanzenstängel mit den rosa-lila Blütenblättern aus. Die schwarz gefärbten Weibchen dieser Art erkennen Sie an ihrer weißen Bauchbürste. Apicalis bezieht sich auf den schwarz behaarten Hinterleib (apicale, „zur Spitze hin“). In ganz Europa, Teilen Afrikas und Asiens heimisch, ist sie hierzulande nur mehr sehr selten anzutreffen. Um mit Hilfe ihrer Zunge die Wand des Nistraums zu tapezieren, benötigt sie wie ihre nähere Verwandtschaft kreisrunde Blattstücke, die sie kurz davor zurechtschneidet. Diese „Fitzlerei“ ist so anstrengend, dass sie vor dem Abflug kurz auf dem Blatt rastet.

Als etwa 1 cm große gelbbraun behaarte Weibchen mit einer auffälligen roten Bauchbürste, die am Hinterleib schwarz wird, entpuppen sich Bunte oder Gewöhnliche Blattschneiderbienen (Megachile versicolor). Zwischen Mai und September nutzt die Art das vorhandene Blütenangebot „polylektisch“, also in vielfältiger Weise. Mit ihren Mundwerkzeugen schneidet das Weibchen ovale und runde Stückchen aus dem Laub von z.B. Wildrosen oder Schlehen. Das Nest wird in Hohlräumen wie Fraßgängen in Totholz oder selbstgenagten Gängen in markhaltigen Stängeln angelegt und der Eingang mit mehreren Lagen von Blattstücken und Pflanzenmörtel aus zerkautem Pflanzenmaterial verkittet. Nisthilfen sind stets willkommen, wie dieses Video zeigt.

Garten-Blattschneiderbienen (Megachile willughbiella) leben gerne in Siedlungen, wo sie bei der Kinderstube nicht wählerisch sind: Sie nutzen Hohlräume in morschem Holz wie Käferfraßgänge, Rindenabplatzungen, Felsspalten, Mauerfugen, Steilwände, ja selbst Erde im Kakteentopf. In die Nistgänge in Gärten und Parks, an Waldrändern und auf Streuobstwiesen kommen von Juni bis September pro Abteil ein Pollenvorrat (Korbblütler, Glockenblumen, Dickblattgewächse, Schmetterlingsblütler und Nachtkerzengewächse) und ein Ei. Die Bienen fliegen zur gleichen Zeit aus und werden 12 bis 16 mm groß. Während Kopf und Körper hellbraun behaart sind, zeigen die Weibchen weiße Binden auf dem schwarzen Hinterleib und unterseits eine orangerote Bauchbürste.

Färben sich die Blattausschnitte, ist das Nest gut getarnt. Aber nicht vor allen möglichen Untermietern. Denn während viele Wildbienen beschäftigt sind, Nektar- und Pollenquellen zu erkunden, bleibt Parasiten genügend Zeit, die aufwendig gebauten Nester erforschen und dort ihre Eier ablegen, wie etwa die Kegelbienen (Coelioxys), die ebenfalls für ihren Nachwuchs vorsorgen. Als nahe Verwandte sind bei ihnen große Komplexaugen auf dem breiten namensgebenden Körper mit spitzem Hinterleib charakteristisch. Haare zum Pollentransport brauchen sie nicht, weil die Kuckucksbienen weder Pollen noch Nektar für ihren Nachwuchs sammeln. Als Brutschmarotzer legen sie ihre Eier in Nester anderer Bienenarten. Mit dem Hinterleib bohren sie in die Brutzelle und den Pollenvorrat und legen ihr Ei ins gemachte Nest. Ist der Pollen gegessen, sind Ei bzw. Larve dran. Gibt es andere Geschwister in der Zelle, bleibt das stärkste davon übrig. Zuletzt spinnt es einen Kokon zur Weiterentwickelung. Erwachsene Tiere ernähren sich von Nektar. Männliche Kegelbienen werden im Schlaf verhaltensauffällig: Sie beißen sich an Stängeln fest. Auch wenn ihre schmarotzerische Entwicklung vielleicht nicht ganz sympathisch anmutet, kann man sich über ihr Erscheinen im Wildbienenquartier freuen, kämpfen solch spezialisierte Nesträuber doch mindestens im selben Maß ums Überleben wie ihre Wirte.

Das Schmalblättrige Weidenröschen zieht neben Sand-Blattschneiderbienen (Megachile maritima) auch Weidenröschen-Blattschneiderbienen (Megachile lapponica), Zottige Blattschneiderbienen (M. circumcincta) und Garten-Blattschneiderbienen (M. willughbiella) magisch an.

Die scheue, bodenbrütende Mohn-Mauerbiene (Hoplitis papaveris syn. Osmia papaveris) aus der Gruppe der Mauerbienen (Fam. Megachilidae) gilt als „Vom Aussterben bedroht“. Bei Störungen verschwindet sie oft für Stunden in ihrem Nest. Bee friendly heißt es da - nicht nur für Bienen. Das Weibchen gräbt in lockeren Sand- oder Rohböden eine etwa vier Zentimeter lange Röhre. Der Erdaushub wird nicht rund um das Loch aufgehäuft, sondern im Umkreis von etwa einem Meter verteilt. Die Wände bedeckt die Biene mit Mohnblütenblätterstücken. Nektar und Pollen von Kornblumen sollen die Brut versorgen. Die Röhre wird mit Sand geschlossen. Manchmal werden in einer Neströhre auch zwei getrennte Brutzellen angelegt. Wenige Tage nach der Eiablage schlüpft die Larve. Sie verpuppt sich im gleichen Jahr und verbringt den Winter als Puppe im Nest.

Wenn im Frühsommer einzelne oder mehrere Fiederblätter einer Rose entlang der Mittelrippe auffällig nach unten aufgerollt sind, hat man es mit anderen Spezies zu tun: Die palatschinkenartig eingerollten Rosenblätter versorgen die Nachkommen der Blattroll-Rosenblattwespe (Blennocampa pusilla). Aber nicht alle: zur Verwirrung der Fressfeinde hat die unscheinbare Wespe für unbenutzte Wohnduplikate gesorgt und wie für die Eiablage das Blatt angestochen. Nur jedes zehnte zusammengerollte Blatt beherbergt auch tatsächlich jeweils eine einzelne blassgelbe bis grünliche Larve. Die Jungwespe lebt bis zum Hochsommer geschützt in der Blattrolle und verlässt dann das Blatt, um im Boden ihr Winterquartier aufzuschlagen, bis sie sich im kommenden Frühling verpuppt und ausfliegt. Das Einrollen der Blätter ist zwar auffällig, es schädigt die Pflanzen aber nicht. Als fürsorgliche “Gartenmama” braucht man also gar nicht aktiv werden. Und Pflanzenschutzmittel könnten die Larven zwar töten, an der Blattrollung können sie aber nichts ändern…

Zu den Arten, die sich der Blätter für die Bemutterung bedienen, zählen u.a. gallenbildende Insekten oder minierende Schmetterlinge. Über die kleinen „Schnitzer“ der Bienen oder das Einrollen von Blättern schauen Sie bitte Sie gnädig hinweg, denn entweder als Bestäuber oder aber zum Erhalt der Artenvielfalt leisten diese Blattkünstler ganze Arbeit. Und das auch am Muttertag.

Fotos: „Natur im Garten“, Beneš-Oeller, Brocks, Haiden, AdobeStock, Kropf, Pixabay, Denk, Koller-Steininger

Margit Beneš-Oeller

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