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(c) A. Haiden, Natur im Garten

So ein Holler

Wilde Früchtchen

In Naschhecken für Feinschmecker darf er nicht fehlen: der Holunder. Nicht zum Rohgenuss, sondern für die kraftvolle Wildobstküche können Sie schon bald direkt hinter dem Haus auf kulinarische Entdeckungsreise gehen. Bis zum Sitzen unterm Hollerbusch, machen alle husch, husch, husch…

30 bis 40 Arten werden der Gattung Holunder, wissenschaftlich Sambucus, weltweit zugesprochen. Sambucus nigra, der Schwarze Holunder, wird als Großstrauch bis zu 7 m hoch. Holler, Hoia, Hulla, Holder oder eben Holunder – der Name soll sich aus der Schwarzbeere entwickelt haben und nicht aus den hohlen Stämmen. Mancherorts wird er auch Flieder genannt. Der Holunder schlägt gerne aus Knospen aus, kann aber mit etwas Zuwendung auch zum Kleinbaum erzogen werden. Auch der typischen Vergreisung in der Krone kann durch Schnittmaßnahmen entgegen gewirkt werden. Im Spätwinter oder Frühling können einzelne, ältere Triebe herausgeschnitten werden, um die Pflanze auszulichten, zu verjüngen und den natürlichen Habitus herauszuarbeiten.

Für seine Fiederblätter sind die fünf Teilblättchen und der Geruch typisch. Die Blüten zeigen den phänologischen Frühsommer an, die einsetzende Reife ist für den beginnenden Frühherbst typisch. Die Vollblüte des Schwarzen Holunders ist zudem ein guter Zeiger für den Futterwert von Wiesen. Die zum Schirm aufgespannten Rispen werden im Frühsommer sehnlichst erwartet, um den gesunden Sirup herzustellen.

Der Schwarze Holunder enthält das cyanogene Glycosid Sambunigrin, das unser Körper zu Blausäure umwandelt und somit schwach giftig werden lässt. Sauber Abrebeln heißt es jetzt für die hängenden Schirmrispen, weil in den Steinfrüchtchen weit weniger enthalten ist als in den Stielchen. Die Früchte eignen sich nicht für die Rohverkostung.

Ganz unbekömmlich wird es bei anderen Holunderarten: Der Zwerg-Holunder oder Attich (S. ebulus) ist eine staudige Form, die im Boden überwintert und die schwarzen Früchte an aufrechtstehenden Schrirmrispen trägt. Der Rote oder Trauben-Holunder (S. racemosa) wird mit 2 bis 3 m nicht so groß wie der Schwarze Holunder. Er trägt braunrotes Mark anstelle von weißem, gelbe Blüten statt cremeweißer, und rote Früchte anstatt schwarzer. Durch späteren Blattaustrieb als der Schwarze Holunder geht er auf Nummer sicher, was sein Leben in den Bergen erleichtert.

Die gesunden „Hollerbeeren“ enthalten Vitamin C, B-Vitamine, Gerbstoffe und Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium und Eisen. Ihr Geschmack macht sich gut als Saft, Gelee, Marmelade, Likör, Tee oder eingekochter Röster. Aus den „Beeren“ des Schwarzen Holunders, die botanisch gesehen Steinfrüchte sind, und damit den Marillen näherstehen als den echten Beeren, lassen sich bei Erwärmung aber einige ganz besondere Köstlichkeiten zaubern: Hollerbeerenbutter oder Hollerkoch mit Zwetschken und Vanilleeis etwa gehören zweifelsohne dazu, aber auch gebackene Hollerkrapfen.

Warum sind so gesund sind? Greift man in die ausgereiften Beeren, merkt man es sofort: Die stark färbenden Pigmente der Sambucus nigra (= schwarz) sind Anthocyane, mit einer stark oxidativen Wirkung und entzündungshemmenden Eigenschaften - ein wahrer Gesundbrunnen. Volksmedizinisch als Abführmittel und als schweißtreibendes Mittel aber auch zum Färben von Lebensmitteln

Darüber hinaus sind sie auch mit ihren hübschen weißen Blüten im Mai ein echter „Hingucker“. Hollerblüten werden bei Erkältungskrankheiten verwendet – natürlich nur in Abstimmung mit dem Arzt. Dass das beliebte Volksheilmittel heute noch an vielen Häusern im ländlichen Raum in den Gärten zu finden ist, liegt vielleicht aber auch daran, dass der Holler Sitz der beschützenden Hausgötter war und gegen Blitzschlag bewahren sollte. Als anspruchsloses Wildobstgehölz gedeiht der Holler auf normaler Gartenboden, bevorzugt aber frisch – feuchten Böden.

Wildobstgehölze erfüllen das Vorurteil von ungebändigtem Wuchs, wenig Zierwert oder geringem Fruchtertrag zumeist nicht. Mit attraktiven Blüten, mit Blatt- und Fruchtschmuck sind diese Kostbarkeiten ganzjährig schön. Gleichzeitig sind die Pflanzen zierend und pflegeleicht und locken verschiedenste Tiere in den Garten. „Wildobst“ weist nur darauf hin, dass die Pflanzen züchterisch nicht oder kaum bearbeitet wurden. Von manchem Wildobst werden dennoch gute und ertragreiche Exemplare gezielt vermehrt. Einerseits zur Ertragsverbesserung wie bei der Sorte „Haschberg“, die neben den Blüten zur Herstellung von Holunderblüten-Sirup besonders große Früchte zum Kochen, für Kompott oder Saft liefert. Besondere Geschmacksnuancen bietet auch der Weiße Holunder var. Albida, der wächst und schmeckt wie schwarzer Holunder, aber farblose Früchte trägt. Solche sind üblicherweise im Handel selbst in verarbeiteter Form nicht erhältlich. Die robusten und pflegeleichten Wildsträucher werden heute nicht nur von Gartenbesitzern wiederentdeckt, sondern auch vom professionellen Obstbau.

Andererseits stechen für den Zierwert von Sambucus nigra auch dunkellaubige Sorten wie 'Black

Beauty', die Säulenform 'Black Tower' oder der kleinbleibende Gelbbunte Holunder 'Madonna' ins Auge. Der Rote Geschlitztblättrige Holunder 'Black Lace' mit fiedrigem Laub, scheint Blattläuse mit seinen geringen Platzangebot weniger zufrieden zu stellen. Seine schmalen Blätter verleihen dem locker wachsenden Großstrauch ein besonderes Aussehen.

Holunder-„Stauden“ erfreuen uns so neben anderen Wildobstgehölzen bis in den Herbst mit köstlichen Früchten und einem herbstlich-bunten Kleid. Im Frühling sind sie mit ihrem zarten Blütenflor ein Blickfang für uns und ein Paradies für Insekten und damit auch für Vögel. Und auch in der Hitze des Sommers, in der sie erfrischenden Schatten spenden, sind sie viel wert. Daneben nützen wir das Holz zum Bau von Hollerpfeiferl, Hollerketten und Hollermännchen. Und Obstgehölze lassen sich mit dem markhaltigen weichen Holz gut abspreizen, was zu mehr Früchten an waagrechten Ästen verhilft. Kein Holler!

Fotos: „Natur im Garten“, Beneš-Oeller, A. Haiden, pixabay (j. henning), Stefan Streicher

Margit Beneš-Oeller

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