Herbst

Schneckenfresser

aus der Insektenwelt

 

Bei Schneckenfressern denkt man meist an Igel, Laufente, Kröte, Eidechse & Co. Dabei sind Wirbeltiere keine wirksamen Gegenspieler der Spanischen Wegschnecke. Gerade einmal Enten und Hühner können sie in Schach halten. Den Igeln ist der Schleim zu zäh und der Verzehr für sie lebensgefährlich. Für Frösche und Kröten kommen nur Jungschnecken infrage und Reptilien ruhen, wenn Schnecken unterwegs sind und sind unterwegs, wenn die Schnecken ruhen. Einige fressen zwar Schnecken, aber solche, die ins Gehäuse zurückgezogen der Sonne trotzen. Die kräftigen Kiefer der Eidechsen knacken die Gehäuse, sehr kleine Schnecken werden als Ganzes verschluckt.

Wirksame Schneckenbekämpfer sind einerseits selbst Schnecken – ich habe sie im Juni 2020 vorgestellt – andererseits Insekten. Da gibt es ausgesprochene Nahrungsspezialisten. Glühwürmchen etwa. Sie fressen ausschließlich Schnecken, nichts als Schnecken. Obwohl sie recht klein sind, fressen sie Spanische Wegschnecken. Und zwar sogar ausgewachsene, die sie mit einem Giftbiss töten. Glühwürmchen leben mehrere Jahre als Larven um dann eines Jahres im Juni als leuchtende Erwachsene auf Partnersuche zu gehen. Nur im kurzen Erwachsenenleben erkennen sie auch Laien. Da vertilgen sie allerdings keine Schnecken mehr. Wie bei den Eintagsfliegen und den Spinnern sind die Erwachsenen zum Hungertod verurteilt. Bei uns gibt es drei Arten. Der Große Leuchtkäfer (Lampyris noctiluca) lebt in trocken-warmen Saumgesellschaften, der Kleine Leuchtkäfer (Lamprohiza splendidula) in feuchteren, meist in Aubereichen. Der Kurzflügel-Leuchtkäfer (Phosphaenus hemipterus) leuchtet nur sehr schwach. Er ist Humusbewohner. Bei allen Arten fliegen nur die männlichen Käfer. Die Weibchen bleiben in Larvengestalt. Die Weibchen leuchten bei allen Arten, die Männchen nur beim Kleinen Leuchtkäfer oder Johanniskäfer.

 

 

In Gärten sind Glühwürmchen rar. Passende Lebensräume wurden häufig zerstört. Und da nur die Männer fliegen, ist das mit der Wiederbesiedelung oder Neubesiedelung von Lebensräumen nicht so einfach. Der Aktionsradius ist gering. Und in den wenigsten Gärten gibt es passende Lebensräume. Eine freiwachsende Wildstrauchhecke mit Unterwuchs, die auch von Stauden begleitet wird und unter der das Herbstlaub verbleint, ist notwendig.

Leichter im Garten zu finden ist der Schwarze Schneckenjäger (Phosphuga atrata). Der mit  anderthalb Zentimetern relativ große Käfer  gehört ebenfalls zu einer in Mitteleuropa artenarmen Käferfamilie mit 30 Arten. Es handelt sich um einen Aaskäfer, der kein Aas frisst. Sondern eben Schnecken. Als Käfer wie als Larve. Die Form des wie bei Schildkröten einziehbaren Kopfes ist bestens dazu geeignet, Schnirkelschnecken in ihrem Haus zu fressen. Obwohl er als auf Gehäuseschnecken spezialisiert gilt, frisst er auch Spanierinnen, die er mittels Giftbiss tötet. Totholzhaufen, Laub, aber auch einfache Hohlräume wie Leitungsschächte oder Hohlräume unter Steinen dienen als Tagversteck. Er ist wenig anspruchsvoll. Was der Spanischen Wegschnecke als Tagversteck genügt, genügt häufig auch dem Schneckenjäger. Der Käfer ist bei uns auf der DIE GARTEN TULLN ganzjährig zu finden, lebt also etwas länger. Zur Lebensdauer habe ich nichts gefunden.

 

Schwarzer Schneckenjäger

 

In meinem Wiener Dachgarten habe ich heuer eine andere Käferart kennengelernt, die sich an einer neozoischen Schneckenart, die im pannonischen Raum teils Massenvorkommen aufweist und gerne Blüten frisst, delektierte: der Kantigen Laubschnecke (Hygromia cinctella). Die massenhaft an der Mauer sitzenden Schnecken wurden einfach abgeweidet. Der längliche Kopf der kleinen Käferart passt ebenfalls genau in die Öffnung der kleinen Schneckenhäuser. Leider hatte ich keine Kamera bei der Hand und kann nichts über ihre Zugehörigkeit sagen. Auch nicht, ob sie Nacktschnecken frisst. Ich Glückspilz habe keine Spanier im Garten.

 

Der Riesenlaufkäfer wird 4-7 cm lang

 

Häufig als Schneckenjäger genannt werden Laufkäfer. Dabei sind Laufkäfer eine bei uns sehr artenreiche räuberische Käferfamilie und nur ein kleiner Teil von ihnen frisst Schnecken oder deren Eier. Etwa 3540 Arten kommen in Europa vor. Die größte europäische Art, der bis 7 cm lange Riesenlaufkäfer (Procerus gigas) erreicht den Süden Österreichs (Kärnten, Steiermark) und bevorzugt Weinbergschnecken als Nahrung, frisst aber auch andere Tiere. Er bevorzugt feuchte und kühlere Lagen und dringt bis in die subalpine Höhenstufe vor. In Mitteleuropa gibt es aber auch weitere Großlaufkäfer, etwa 33 Carabus-Arten. Alle Großlaufkäfer fressen auch Schnecken. Der große Nachteil: Die meisten dieser Arten bevorzugen kühle Wälder in Berglagen und sind in Gärten eher selten zu finden. Doch gibt es löbliche Ausnahmen. Häufiger in Gärten anzutreffen sind etwa Goldschmied (Carabus auratus), Körnerwarze (Carabus cancellatus), Kurzgewölbter Laufkäfer (Carabus convexus), Körniger Laufkäfer (Carabus granulatus), der übrigens auch sehr gerne Kartoffelkäfer frisst, Goldgruben-Laufkäfer (Carabus hortensis) und Höckerstreifen-Laufkäfer (Carabus ullrichii). Laufkäfer sind übrigens als Käfer recht langlebig. Die großen Arten mitunter 3 Jahre und mehr.

 

 

Die kleinen Laufkäferarten sind mehr auf Insekten aus. Einige Arten sollen Schneckeneier fressen. Von vielen dieser Arten ist die Biologie noch kaum bekannt. Sogar reine Pflanzenfresser gibt es darunter. In den 80ern las ich einmal über eine kleine räuberische Laufkäferart, deren Larven neben Schnecken- und Insekteneiern die ölreichen Samen einiger Ackerkräuter, etwa der Sophienrauke fressen. Leider war es – ich war damals noch Schüler – populärwissenschaftliche Literatur ohne wissenschaftlichen Namen. Und Ackerlaufkäfer ist wohl ein Fantasiename.

Es gibt wohl noch weitere Insekten, die Schnecken fressen. Vorwiegend Käfer, vielleicht auch parasitische Fliegen. Leider ist meine Kenntnis der Zweiflügler sehr beschränkt, sodass ich nicht sagen kann, ob solche Arten in Mitteleuropa tatsächlich vorkommen. Anderswo gibt es sie jedenfalls. Über zweckdienliche Hinweise zu weiteren Schneckenfressern in der heimischen Faune freue ich mich immer.

 

 

 

Fotos: Haidler, Dietrich

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