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Schadschnecken

 

Das Wort Schnecken sorgt bei Gärtnern für Schrecken. Eigentlich zu Unrecht. Denn die meisten Schnecken sind völlig harmlos, sogar nützlich. Meist denkt man bei Schadschnecken an Nacktschnecken. Und tatsächlich: Von den etwa 40 in Österreich heimischen Nacktschneckenarten können fast 10 unter Umständen schädlich werden. Die meisten nur im Glashaus oder bei überwässerten Salatkulturen. Im Freiland sind eigentlich nur zwei Arten regelmäßig schädlich, davon ist lediglich eine immer als schädlich einzustufen. Landlebende Gehäuseschnecken gibt es viel mehr, schädlich werden sie kaum. Eine in den letzten Jahren häufig gewordene kleine vermutlich neozoische Art sitzt an den Vegetationsspitzen hoher Pflanzen und frisst dort am liebsten Blüten, aber auch Blätter. Eine heimische Art nascht gelegentlich zu viele grüne Blätter im Garten, eine weitere neozoische Art verdrängt die Weinbergschnecke. Und eine Wasserschnecke frisst nicht nur Algen, sondern gerne auch weiche Wasserpflanzen und überträgt Parasiten. Allerdings können alle Schnecken können auch Krankheiten übertragen, etwa die Sporen der Braunfäule (Phytophthora infestans). Schnecken sind auch Zwischenwirte einiger Parasiten, die und Menschen aber kaum betreffen. Im Garten spielt nur die Entenbilharziose eine Rolle. Das heißt: Von fast 450 Arten und Unterarten an Schnecken in Österreich machen keine 15 Arten Probleme.

 

Dieser noch unbestimmte „Blütenpicker“ verursacht Lochfraß in Blüten

„Spanische“ Wegschnecke bzw. Kapuzinerschnecke (Arion vulgaris):

 

Lange wurde diese Art für Arion lusitanicus gehalten, einen gefährdeten Endemiten der Serra da Arrábida südöstlich von Lissabon. Das natürliche Verbreitungsgebiet von Arion vulgaris ist aber, das nordwestliche Europa von der Atlantikküste Frankreichs bis in den westlichen Teil des norddeutschen Tieflands, südlich nur bis zum Rhein, mit den Westalpen als südlichstes Verbreitungsgebiet. Im Westen gibt es ein paar Vorkommen im Nordosten Spaniens, die aber stark mit anderen Arten verkreuzt und daher wohl auch eingebürgert sind. Als Schadschnecke trat sie erstmals in den 50ern in der Schweiz auf und wurde dort für einen Import mit Gemüse aus Spanien gehalten. Wie wir heute wissen, handelt es sich aber um das natürliche Verbreitungsgebiet. Das weitere Ausbreitungsmuster entsprach auch nicht der Verschleppung durch Transporte, sondern entlang neuer Verkehrswege rückte die Schnecke nach und nach gen Osten vor. Es waren wohl veränderte Bedingungen durch unsere Zivilisation, die die Ausbreitung der Schnecken verursachten. Seit 1972 ist die Art in Österreich gemeldet, zunächst von Müllplätzen. Bis 1980 gibt es keinen Nachweis der Art aus Gärtnereien und Gemüseimporten. Die ähnliche Rote Wegschnecke (Arion rufus) wurde von ihr verdrängt und ist heute eine gefährdete Art zivilisationsferner Bergwälder. Heute werden alle Lebensräume im Kulturland besiedelt, doch auch naturnahe Lebensräume sind zunehmend Lebensraum der Art. Die ähnliche Schwarze Wegschnecke (Arion ater) kommt in Österreich nicht vor.

Arion vulgaris wird maximal 15 cm lang, ist einfarbig rotbraun, aber auch rot oder braun bis schwarz. Jungtiere sind gelbbraun/beige mit zwei seitlichen Längsstreifen am Rücken (Unterschied zu Arion rufus mit einfarbig grauen bis gelblich weißen Jungtieren mit dunklerem Kopf). Wo sie auftaucht, verkreuzt sie mit anderen großen Wegschnecken. Es handelt sich um eine einjährige, univoltine (eine Generation/Jahr hervorbringende) Art, die im Sommer bis Herbst Eier legt und im Herbst stirbt. Im Herbst schlüpfende Tiere erfrieren meist. Die Mehrzahl der Schnecken schlüpft im Vorfrühling zur Schneeglöckchenblüte. Mit beginnender Narzissenblüte ist die Schlüpfphase meist abgeschlossen. Die Geschlechtsreife tritt frühestens im Juli ein. Die Art ist semelpar, d.h. sie paart sich nur ein einziges Mal. Die Eiablage erfolgt in mehreren Gelegen zu 20-50 Eiern, die Gesamteizahl beträgt 200-400. Durch die kurze Lebensdauer (vgl. Weinbergschnecke: bis zu 20 Jahre) und die Endgröße ergibt sich ein hoher Energiebedarf, der den Schadfraß erklärt. Es handelt sich um keinen Pflanzen-, sondern einen Allesfresser. Gefressen werden alle grünen Pflanzenteile, Wurzeln, Früchte, Aas, lebende Tiere (v.a. Weinbergschnecken und Regenwürmer), Abfälle, Kot. Tierisches Eiweiß wird bevorzugt. Arion vulgaris ist die einzige heimische Schnecke, die man immer als Schadschnecke bezeichnen kann.

Leider hat die „Spanische“ Wegschnecke einen der zähesten Schleime im Schneckenreich und ist daher für viele Scheckenjäger nicht fressbar.

Genetzter Ackerschnegel (Deroceras reticulatum):

 

Der Genetzte Ackerschnegel ist eine bis 6 cm lange, hell- und dunkelbraun marmorierte Nacktschnecke. Seltener sind Grautöne oder auch einfarbige Tiere. Er ist eine der häufigsten Nacktschnecken Europas und vermutlich ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum eingewandert. Er bevorzugt Ackerbaugebiete. Verwechselt werden kann er mit  dem Adria-Ackerschnegel (Deroceras lothari), der in Österreich ursprünglich nur in der südöstlichen Steiermark vorkam, mittlerweile aber auch in Niederösterreich als Schädling auftritt, sowie mit dem Grauen Ackerschnegel (Deroceras agreste), einem sehr seltenen ausgesprochenen Kulturflüchter und Bewohner von naturnahen Erlenwäldern und waldnahen Feuchtwiesen. Für Laien sind die Arten nicht zu unterscheiden. Der Genetzte Ackerschnegel ist einjährig, je nach Klima uni- bis plurivoltin (eine bis mehrere Generationen/Jahr hervorbringend). Die Tiere sind das ganze Jahr über aktiv, auch im Schnee. Bei strengen Frösten sterben sie und nur die Eier überleben. Der Allesfresser frisst wahllos alle grünen Pflanzen und höhlt die Körner von Wintergetreide aus, frisst auch verrottetes Pflanzenmaterial, Algen, Aas, Kot und Pilze. Im Garten wird er mitunter in Salatbeeten und im Alpinum (bevorzugt Glockenblumen, Teufelskrallen und Eisenhut) schädlich. Im Gewächshaus frisst er so ziemlich alles. Der Adria-Ackerschnegel ist ein Schädling in Salatkulturen in der Steiermark und in Niederösterreich.

 

Spitzschlammschnecke (Lymnaea stagnalis):

 

Die Spitzschlammschnecke ist die einzige Wasserschnecke, die sich an Teichpflanzen vergreift. Zartblättrige Pflanzen wie Wasserstern, Wasserschlauch oder Wasserfeder haben in Teichen mit Spitzschlammschnecken wenig Chancen. Außerdem ist die Spitzschlammschnecke der wichtigste Zwischenwirt für Trichobilharzia szidati und andere Arten der Gattung, jedenfalls der einzige, in dem es zu Massenvermehrungen kommt. Bekannt sind diese parasitischen Saugwürmer als Entenbilharziose. Leider dringen die Wassertemperaturen von 24-26 °C schwärmenden Larven (Zerkarien) auch in menschliche Haut ein. Die Larven sterben im Fehlwirt ab, die Haut wird zum Zerkarienfriedhof. Langanhaltender starker Juckreiz und großflächige Hautrötungen bis hin zu Ekzemen sind die Folge. Spitzschlammschnecken haben dunkelbraune Gehäuse. Die der Jungschnecken sind durchsichtig hellbraun mit einigen schwarzen Flecken nahe der Mündung. Nicht verwechseln sollte man die Spitzschlammschnecke mit den gefährdeten Sumpfschnecken der Gattung Stagnicola. Deren Gehäuse sind etwas kleiner und härter, die Jungschnecken dunkler und ohne Flecken.

 

Gefleckte Weinbergschnecke (Cornu aspersum)

 

Die Gefleckte Weinbergschnecke aus dem Mittelmeerraum ist in Wien am Schlachthof St. Marx aus Lebensmittelimporten entkommen. Sie wurde dort später, wohl aufgrund mangelhafter Suche, nicht mehr nachgewiesen. Bei einer botanischen Exkursion Ende der 1990er auf die Brachflächen des ehemaligen Schlachthofes konnte ich die Art massenhaft beobachten. Heimische Weinbergschnecken fehlten. Bei der Arbeit bei einer Simmeringer Gartenbaufirma 2008 bemerkte ich, dass es in ganz Simmering, Landstraße und Schwechat keine heimischen Weinbergschnecken mehr gab. Ein paar Jahre später fand ich beide Arten gemeinsam in der Donaustadt und später in Tulln, wo sich Cornu aspersum zum Glück nicht etablieren konnte. Wie die heimische Gewöhnliche Weinbergschnecke (Helix pomatia) ist die Art kein Schädling, verdrängt aber die heimische Art, wo es heiß und trocken genug ist. Unsere Weinbergschnecke hat einen Nabel auf der Gehäuseunterseite, die Gefleckte Weinbergschnecke nicht. Die Färbung der Gehäuse ist meist kontrastreicher und ähnelt der Gefleckten Schnirkelschnecke oder Baumschnecke (Arianta arbustorum), die gelegentlich im Garten durch Lochfraß an Blättern lästig wird.

 

Jeweils links Gefleckte und rechts Gewöhnliche Weinbergschnecke im Vergleich

 

Die Gefleckte Schnirkelschnecke (Arianta arbustorum – hier auf frischem Grasschnitt) kann sich bei Massenvorkommen schon einmal an Gartenpflanzen vergreifen.

 

Selten schädlich sind:

Gewöhnliche Garten-Wegschnecke (Arion distinctus):

 

Maximal 5 cm groß, dunkelgrau mit zwei schwärzlichen seitlichen Längsstreifen. Kurzlebige Art ohne feste Generationsfolge. Es können zu jeder Zeit alle Stadien angetroffen werden. Alle Stadien können überwintern. Die durchschnittliche Lebensdauer beträgt etwa neun Monate, unter idealen Bedingungen auch bis etwa 16 Monate. Ein Weibchen produziert fünf bis acht Gelege mit jeweils 20 bis etwa 80 Eiern, pro Tier etwa 150 bis 200 Eier. Selten kann es selten zu Massenvermehrung und Schadfraß an Keimlingen und Samen kommen. Verwechslungen sind möglich mit er  Echten Garten-Wegschnecke (Arion hortensis), die nur in Westeuropa vorkommt, und der Gelbstreifen-Wegschnecke (Arion fasciatus) die sich durch heller graue, meist mehr oder weniger deutlich gelb überlaufene Grundfärbung unterscheidet und im pannonischen Raum vereinzelt auch schädlich werden könnte, was aber noch nicht nachgewiesen wurde.

 

Glashausschnegel, Valencia-Schnegel (Ambigolimax valentianus, früher Lehmannia valentiana):

 

Die gelblich braune, bis über sieben Zentimeter lange Schnecke mit drei deutlichen bis undeutlichen dunkleren Längsbändern, davon jeweils eines an jeder Seite und eines auf dem Rücken, kann mit dem Tigerschnegel (Limax maximus) verwechselt werden. Der Kopf ist etwas dunkler gefärbt als der Körper und der Rückenkiel ist nur kurz. Der Schleim ist farblos. Ihre Heimat ist die iberische Halbinsel. Die Art ist aber fast weltweit verschleppt, kommt bei uns auch im Freiland vor und lebt dort bodenorientiert. Schadfraß findet nur in Gewächshäusern statt, wo sie gerne in die oberen Etagen kriecht. Glashausschnegel fressen morsches Holz und Pflanzenteile. Zumindest im Gewächshaus pflanzen sie sich ganzjährig fort.

 

Gewächshaus-Ackerschnecke (Deroceras invadens):

 

Die etwa 3 cm lange Schnecke (davon 40-45 % Mantellänge) hat ein im Vergleich zu anderen Arten kleines Atemloch. Die Randzone des Atemlochs ist durch eine hellere Farbe etwas gegen den Mantel abgesetzt. Beim ausgestreckten Tier reichen Kopf und Hals ungewöhnlich weit vor den Mantel. Die Farbe ist äußerst variabel, sie variiert von hell- und dunkelbraun bis zu leicht rötlich. Gelegentlich kommen auch graubraune, graue bis fast schwarze Exemplare vor. Manchmal zeigt der Mantel auch ein schwaches Fleckenmuster. Die hellgraue bis cremefarbene Sohle weist meist dunklere Randzonen auf. Lediglich bei sehr hellen Tieren ist die Sohle nahezu einheitlich hellgrau bis cremefarben. Die Tiere sind sehr aktiv und schlagen bei Reizung heftig mit dem Schwanz, was sie mit dem schon bei den Nutzschnecken vorgestellten ähnlichen kleinen Wasserschnegel gemeinsam haben. Der englische Name tramp slug verweist darauf, dass die Schnecke mittlerweile weltweit verschleppt wurde. Die Tiere werden etwa ein Jahr alt, können aber bis zu drei Generationen im Jahr hervorbringen. Die Schnecke wird unter guten Bedingungen mit acht Wochen geschlechtsreif. Bei der anderthalbstündigen Paarung wird heftig mit den Schwänzen geschlagen und die Tiere beißen einander. Jedes Tier verpaart sich mehrfach. Die Gelegegröße variiert stark und nimmt bei alten Tieren ab. Sie verursachen Schadfraß an Gemüse und Zierpflanzen unter Glas. Im Freiland können sie nur an wärmebegünstigten Plätzen überwintern und sind so nicht in der Lage größere Populationen, die eine Schadschwelle erreichen, aufzubauen. Früher wurde diese Art für Deroceras panormitanum gehalten. Diese Art existierte jedoch nur in Malta und Sizilien.

 

 

 

Fotos: Benes-Oeller, Grego, Dietrich, Tüchler, Nicholls

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