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Beastie Boys

Zu manchen Pflanzen hält man besser Abstand

 

Pflanzen sind unsere ständigen Begleiter. Wenn wir mit ihnen in Berührung kommen, gibt es für gewöhnlich keine Probleme. Aber schon für den griechischen Arzt und Botaniker Dioskurides war auffällig, dass manche Pflanzen besser nicht auf Haut und Schleimhaut kommen sollten.

 

 

Bei Brennnesseln merken wir schnell, dass wir uns in die Nesseln setzen. Taubnesseln hingegen gehen der Mimikry nach, d.h. sie sehen so aus wie die mit Brennhaaren übersäte Pflanze, sind aber harmlos. Pflanzen, die sich wehren, warten mit interessanten Entdeckungen auf. Borretsch fällt ebenso wie Melanzani oder Schneeball oft schon beim Vorbeistreifen durch seine borstig-haarigen Eigenschaften unangenehm auf. Scharfe Brenn- und Kristallhaare, aber auch Dornen, Stacheln, giftige Stoffe und selbst ätherische Öle dienen als Schutz vor dem Gefressenwerden, indem sie reizen oder verletzen.

 

 

Während Dornen und Stacheln vor allem Säugetiere abwehren, bieten sie gegen Insekten keinerlei Schutz. Anstelle dieser mechanischen Schutzeinrichtungen dienen können chemische Substanzen wie ätherische Öle als Insektizide dienen. Diese weitere Schutzmaßnahme von Pflanzen setzt sich aus einer Mischung fettlöslicher, leicht flüchtiger Substanzen zusammen und sorgt für aromatische, oft charakteristische Düfte. Ihre Zusammensetzung ist überwiegend genetisch bestimmt und kann je nach Pflanzenteil unterschiedlich sein. Junges Gewebe enthält häufig einen höheren Ölanteil als älteres. Einige Öle, z.B. Citronellaöl wehren durch ihren Geruch stechende oder saugende Insekten ab. Die Geranien etwa riechen sehr stark nach ätherischem Öl. Ein Vorteil, weil Fressfeinde so davor zurückschrecken, daran zu fressen.

 

 

Mit giftiger „Milch“ warten Hundsgift-, Aronstab- und Wolfsmilch-Gewächse auf. Zusätzlich dienen scharfe Kristallnadeln aus Calciumoxalat manchen Pflanzenzellen als Fraßschutz - eine Sonderform zwischen chemischer und mechanischer Schutzeinrichtung. Ihr Milchsaft ist aber keine Garantie für die Pflanzen unbeschadet zu bleiben. So hat etwa die Larve des Wolfsmilchschwärmers eine Möglichkeit gefunden hat, diese Barriere zu durchbrechen. Menschen aber möchten bei den Wolfsmilchgewächsen auf näheren Kontakt verzichten.

 

 

Eine andere Pflanze, die so manchen bei einem erfrischenden Bier oder mit gesundem Schlaf erfreut, kann als Hopfenpflücker-Dermatitis ebenfalls Juckreiz verursachen. Mir selbst ist bei einer allzu nahen Annäherung ein rauer Hopfentrieb als Bio-Schmiss förmlich und gut sichtbar ins Gesicht gesprungen.

 

 

Mitunter werden die Haut reizenden Substanzen aber kaum merklich freigesetzt. Bei Berührung werden dabei Pflanzensäfte auf uns losgelassen, die es in sich haben. Besonders unangenehm wird die Reaktion erst, wenn durch Einwirkung von Sonnenlicht die Inhaltsstoffe zeitverzögert eine bräunende oder rötende Wirkung nach sich ziehen. Manche Reaktionen, die sich als lokal begrenzte Hautveränderungen zeigen, können bis hin zur Blasenbildung gehen - und ähneln Verbrennungen ersten bis zweiten Grades. Bei Kontaktallergien oder krankhaften Immunreaktionen werden Allergene vom Körper irrtümlich als schädlich eingestuft und bekämpft. 8-12 Stunden kann die Reaktion auf sich warten lassen und wird nicht immer mit der Pflanze verknüpft. Leider verblassen diese Erinnerungen im Körper nicht allzu schnell. Die Symptome können sich sogar verstärken. Abstand halten gehört deshalb für manche bei Bärenklau, Bergamotte, Buchweizen, Diptam, Feige, Johanniskraut, besonders aber bei der Herkulesstaude zum guten Ton.
Letztere wird als Neophyt schließlich auch im Ganzkörperanzug bekämpft, um vor Blasenbildungen zu schützen. Kontaktallergien können aber auch von Chrysanthemen, Iris und Lilien, Narzissen und Tulpen - auch durch austretende Säfte an den Schnittflächen von Blumensträußen - hervorgerufen werden, im Haus von Croton und Weihnachtsstern.

Allein in Europa können wir auf etwa 300 Pflanzen mit allergischer Kontaktdermatitis reagieren. Weltweit sind es sogar über 10.000 Arten. Will man Neuland erforschen, so kann es durchaus passieren, dass einem jemand entsetzt zuruft: „You are standing in poison ivy!“ Pflanzenkenntnis zahlt sich also - aus eigener Erfahrung - in jedem Fall aus.

 

 

Der Mittelmeer-Feuerdorn ist als dekorativer Zierstrauch wegen seiner Schnittfestigkeit für immergrüne Hecken und als Wandspalier bestens geeignet. Auch zur Fassadenbegrünung lässt er sich in guter Arbeitskleidung spreizklimmend verleiten. Durch seinen dichten Wuchs, die dornigen Zweige und lange am Strauch verbleibenden Beeren dient er als Vogelschutz- und -nährgehölz und Nestschutz.

 

 

Zu den stärker hautreizenden Pflanzen gehören auch Alant, Clematis, die Hahnenfuß-Gewächse, Hundskamille, Kuhschelle, Margarite, Phazelie, Pyrethrum und Weinraute.
Besondere Blütenschönheiten wie Anemone, Diptam, Fingerhut, Iris, Johanniskraut, Rainfarn, Schafgarbe, Spinnenblume, Sonnenbraut und Tagetes verlangen bei Hautempfindlichen ebenfalls nach Abstand. Mir haben es besonders Staudensonnenblumen angetan, denen ich mich heute nur langärmelig nähere.
Auch unter den Kräutern verlangen manche Pflanzenschätze nach social distancing wie etwa Arnika, Echte Kamille, Johanniskraut, Mutterkraut oder die Schafgarbe. Und im Gemüsebeet wollen
wie gesagt der Hopfen, Knoblauch, Sellerie, Spargel und Küchenzwiebel mitunter nicht zu viel Nähe zulassen. Juckreiz im Gemüsebeet können seltener auch Artischocke, Gelbe Rüben- und Radieschenblätter und verschiedene Kohlarten hervorrufen.

 

Mitunter reagieren Pflanzenliebhaber*Innen auch auf Benedikten- oder Cola-Kraut, Engelwurz, Kerbel, Kümmel, Petersilie, Römische Kamille, Rosmarin, Salbei, Thymian und Wermut. Und würden Sie sich in Astern, Christrosen, Dahlien, Franzosenkraut, Frauenschuh, Gänseblümchen, Gämswurz, Goldrute, Klette, Kokardenblume, Kornblume, Kosmeen, Löwenzahn, Ringelblume, Seidelbast, Vergissmeinnicht und Wegwarte wälzen, könnte das ebenfalls zu Reaktionen führen, wenn Sie empfindlich sind. Dem zum Trotz: Diejenigen Pflanzen, auf die manche Menschen überempfindlich reagieren und die allergische Kontaktekzeme bedingen, sollten aber dennoch, wenn auch mit gebührenden Abstand, unsere Gärten bereichern. Bei Brennnesseln etwa wissen wir ja von ihrer magischen Anziehung auf Schmetterlinge. Und wer möchte die schon missen?


Vergiftungsinformationszentrale 01 406 4343

 

 

 

Fotos: Benes-Oeller, Brocks, Haiden

Margit Beneš-Oeller

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