Stoffe färben mit Pflanzen
Eco-Prints im Garten
Wie impressionistische Bilder mit sanften Farbtönen - von gelb über orange, rötlich, blau und grün bis hin zu dunkleren Punkten - flattern sie im Wind. Ihre warmen, ansprechenden Naturfarben können nur mit ebensolchen Materialien erzielt werden…
Ans Eingemachte gehen
Kürzlich hatte ich Gelegenheit und Vergnügen, in Thy Garden in Oberösterreich einen Workshop über das Färben mit Pflanzen mitzuerleben. Lotte Gulpers, als Colour Designer im BORO*ATELIER ein waschechter Pflanzenfarbenprofi aus Holland, besuchte ihre Freundin Jesse in Österreich und gab im Garten von deren Mutter ihr Wissen weiter.
Die ganze Familie und Freunde halfen mit bei den Vorbereitungen in der zum Seminarraum umfunktionierten ehemaligen Garage. Der neu angeschaffte Sparherd wurde angeworfen, bis der Schornstein rauchte und ein alter Schnapskessel zum Färbebad umfunktioniert.
Zur Hälfte entrindete Astabschnitte standen bereit zum Umrühren in diversen großen 25-l-Töpfen.
Die Stoffstreifen zum Umwickeln der Eco-Prints hingen schon auf einer Stange, mit Soda vorgewaschene Baumwollstoffe auf der Wäscheleine und verschiedenste Pflanzenteile waren gesammelt…
Wie bleibt die Farbe haften?
Nur reine Naturmaterialien nehmen Pflanzenfarben auf - eiweißreiche Fasern tierischen Ursprungs wie Wolle und Seide, aber auch Hanf sogar besonders bereitwillig. Die zellulosereiche Baumwolle dagegen ist eigentlich schwieriger zu färben.
Damit die Farbe ins Gewebe eindringt, wird der Stoff am Vortag mit Soda gewaschen, um etwaige Imprägnierungen fabriksneuer Stoffe oder andere Chemikalien herauszuwaschen, und anschließend auf einer Wäscheleine getrocknet. Etwa eine Stunde (oder länger) vor dem Färben müssen die Stoffe noch gebeizt werden. Das greift die Faser so weit an, dass die Farbe tief eindringen kann und bei etwaigen späteren (vorsichtigen) Waschvorgängen auch nicht mehr hinausgeht. Als Beize dient zum Beispiel Alaun (Kalium-Aluminium-Sulfat, Dosierung etwa 15% des Stoffgewichtes. Für weitere Infos zu Dosierungen gibt man beispielsweise folgende englische Schlagworte in die Suchmaschine ein: alum mordenting ratio). Auch die Behandlung mit Gerbstoffen (Tanninen) kann Teil des Prozesses sein.
Erst nach dieser Vorbehandlung werden die Stoffe entweder beim Eco-Printing mit Pflanzenteilen im heißen Wasserbad „bedruckt“ oder kommen in ein durchdringendes heißes Farbbad. Je nach Temperatur, Konzentration der Pflanzenextrakte und Dauer der Einwirkung können verschiedene Farbausprägungen entstehen. Dazu hatte Lotte aus ihrem reichen Erfahrungsschatz bereits Muster mit dabei:
Ein Farbbad mit Brennnessel ergibt helle Brauntöne, Karottengrün ein lindes Grün, Avocadokerne beim zweiten Aufkochen rosa, der Sud aus schwarzen Bohnen feine Grautöne, schwarze Erlenzapfen ein dunkles Beige. Die entsprechenden Pflanzenteile kommen in einen Stoffsack verpackt ins Wasser und der zu färbende Stoff dazu, wenn es heiß genug ist.
Bei unserem Workshop wurden fürs Färbebad Indigo, Walnussschalen und Zwiebelschalen - die äußerste, trockene Hülle der Zwiebeln - verwendet.
Mungobohnen und Sojamilch als Beize
Bei dieser Technik kommt man ganz ohne zugekaufte „Chemikalien“ aus, was mir persönlich besonders sympathisch ist:
Mit ganz normaler Sojamilch aus dem Handel bestrichene Teile werden etwas dunkler im Färbebad. Für den Workshop hatten die Profis auch selber eine Milch aus Mungobohnen vorbereitet und als Nebenprodukt Tofu produziert. Die Bohnenmilch ersetzt jedwede Beize. Andere Vorbehandlung als das Waschen mit Soda kann entfallen.
Zunächst wurden mit der gekauften Sojamilch bzw. der selbst gewonnenen Mungobohnenmilch Muster auf den vollständig getrockneten Stoff gepinselt. Lässt man die aufgepinselten Muster in der Sonne trocknen, ergibt das nach dem Farbbad den besten Farbeffekt.
Das schokobraune Muster ganz links wurde mit Walnussschalen, in der Mitte das gelblich-beige mit roten und das kupferbraune untypischer Weise mit gelben Zwiebelschalen erzielt. Außerdem wurde das (jeweils) zweite Tuch von links mit dem Mungobohnensud bemalt, der einen „Heiligenschein“ aus einer Zwischenfarbe um das Muster im Kupferfarbton herum fließen ließ – ähnlich wie bei einem Fettfleck.
Rote Zwiebelschalen färben normaler Weise rötlich und gelbe Schalen leuchtend gelb. Im Kupferkessel der Gastgeber ergaben die gelben jedoch einen kupfernen Farbton. Kupferkessel werden von Profifärbern eigentlich nicht verwendet wegen etwaiger unerwünschter Reaktionen, verriet Lotte. Diese hier war aber durchaus willkommen.
Walnuss-Schalen-Sud produziert ein etwas dunkleres, warmes Graubraun wie beim Kleid rechts auf der Wäscheleine zu sehen. Und auch die Finger bekommen beim Abschälen einiges an Farbe ab.
Eco-Prints – einfach gewickelt
Blüten von Goldrute, Tagetes und Dahlie sowie Zwiebelschalen hinterließen hier einen impressionistischen Abdruck.
Nachdem die Stoffe für etwa eine Stunde in einer Beize mit Kalialaun vorbereitet wurden, können sie ganz einfach direkt mit Pflanzenteilen bedruckt werden. Alles ist möglich und jedes Experiment ein Gewinn.
Geeignete Pflanzenmaterialien sind beispielsweise wiederum Zwiebelschalen oder auch -scheiben, ganze Blüten oder Blütenblätter von Tagetes, Goldrute, Hibiskus (am besten sollen blaue Hibiskusblüten mit purpurner Mitte funktionieren). Rote Zwiebelschalen färben beim Eco-Print je nach Einwirkungsdauer erst gelblich-rötlich, dann grün und schließlich schwarz. Dunkelrotlila Dahlien ergaben bei uns ein schönes blau. Vieles mehr kann verwendet werden. Auch Blätter würden sich eignen für spezifische Abdrucke.
Die Kanadische Goldrute (rechts im Bild) ist zwar in unseren Auwäldern ein invasiver Neophyt, der die einheimische Vegetation verdrängt, und dort daher ein NO GO. Als Färbemittel sind ihre Blüten allerdings ein Hit! Und es gibt auch weniger ausbreitungswütige Gartenvarietäten. Sie dürfen nur nicht in die Wildnis entkommen. Es bietet sich also an, die Blüten vor der Samenreife zu nutzen und eine Ausbreitung zu verhindern.
Die Pflanzenteile werden einfach auf den Stoff aufgelegt. Für den Spiegeleffekt wird die Stoffbahn zusammengefaltet und dann auf einen Holzstecken aufgerollt, mit Stoffbändern verschnürt und 45 bis 60 Minuten in kochendes Wasser gelegt.
Beim Öffnen und Ausrollen schüttelt man die Pflanzenteile ab und hängt den Stoff anschließend zum Trocknen auf. Das Auswickeln ist ein besonderer Moment:
Der Färbeworkshop in Thy Garden hat einige Möglichkeiten beleuchtet für das Färben mit Naturmaterialien mit wunderschönen künstlerischen Ergebnissen und war ein echtes Highlight für mich. Deshalb möchte ich in meinem nächsten Blog die Pflanzen zum Färben vor den Vorhang holen. Ich hoffe es gibt auch in Thy Garden eine Fortsetzung. Dann möchte ich vorher schon Seiden- oder Wollschals besorgen, um sie dort mit Pflanzen zu bedrucken. Oder ich lege einfach selber los und experimentiere weiter… (für diesen Fall habe ich in der Zwischenzeit auch noch weitere Inspirationen gefunden – etwa unter www.suzannedekel.com/post/8-keynotes-for-your-first-eco-print oder blog.bernina.com/de/2012/05/ecoprint/.
Aber in fröhlicher Runde macht es am meisten Spaß…
Fotos: „Natur im Garten“, Leithner